Liverpool 2.0 – Klopp und seine Reds haben eine Menge Geld in ein neues Mittelfeld investiert, um in dieser Saison wieder ganz oben anzugreifen. Ist der Umbruch gelungen?

Um diese Frage beantworten zu können, muss man wohl den Verlauf der Saison abwarten. Die meisten Fans hatten sich eine gewaltige Transferoffensive erwartet, schließlich galt es lauter langjährige Stammspieler wie Jordan Henderson, Fabinho und James Milner zu ersetzen. Viele dieser Abgänge wirkten teils an ihrem Leistungszenit.

Mit anderen Worten, es war längst überfällig, für frisches Blut zu sorgen. Die Saison davor war man zumindest bei den Verstärkungen im Sturm erfolgreich. Diesen Sommer musste im Mittelfeld frisches Blut her.

Führungsvakuum durch Abgang von Henderson und Milner?

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Frühzeitig standen die ablösefreien Abgänge von Naby Keïta (Werder Bremen), Alex Oxlade-Chamberlain (Besiktas Istanbul), James Milner (Brighton Hove&Albion), Roberto Firmino (Al-Ahli) fest. Ziemlich kurzfristig kamen dann im Sommer noch die von Fabinho (Al-Ittihad/46,7 Mio Euro) und Jordan Henderson (Al-Ettifaq/ 14,0 Mio Euro) hinzu und sorgten dafür, dass der Umbruch größer als geplant ausfiel. Jordan Henderson deutet zuletzt auch an nicht mehr erwünscht gewesen zu sein und dass niemand seinen Wechsel verhindert hätte. Mit ihm und Mister Zuverlässig James Milner verlor man außerdem wichtige Leader in der Kabine so dass sich auch eine neue Hierarchie bilden muss.

Sorge machte sich breit, ob die Reds das Führungsvakuum, welches Henderson und Milner hinterließen, ausgleichen können. Erwartungsgemäß übernahm Virgil van Dijk die Binde, die er bereits in den letzten Jahren vertretungsweise trug. Sein „Vize“ wurde Trent Alexander-Arnold – ein waschechter Scouser.

Kommen wir nun aber zu den Neuzugängen. Bereits im Juni stand der 24-jährige Alexis MacAllister, argentinischer Weltmeister aus Brighton, für 42 Millionen Euro fest. Betrachtet man seine Entwicklung in den Jahren auf einem überhitzten Markt, kann man hier von einem fantastischen Schnäppchen sprechen. MacAllister ist vor allem erfahren in der Premier League und sollte sich schnell bei den Reds zurechtfinden und ein Fixpunkt im Mittelfeld werden.

Klopp setzt auf Bundesliga-Spieler

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Bei den anderen drei Neuzugängen setzt man auf „Made in Bundesliga“. Ein Markt, den Jürgen Klopp und Jörg Schmadtke bestens kennen. Den Anfang machten die Reds Ende Juli mit dem talentierten Ungarn Dominik Szoboszlai von RB Leipzig. Am letzten Juli Tag zog man die 70 Millionen Euro Klausel. Der technisch beschlagene und mit einem guten Schuss ausgestattete Szoboszlai hat über Liefering, Salzburg und Leipzig im Red Bull Kosmos das Gegenpressing verinnerlicht und dürfte so auf Anhieb unter Klopp funktionieren. Er zeigte auch in den ersten Spielen, wie gut er gegen den Ball ist und dass ihm die Umstellung von der 10er-Position auf die etwas defensivere Acht problemlos gelingen dürfte.

Der überraschendste Transfer war sicher der von Wataru Endō, dem Kapitän der japanischen Nationalmannschaft, der für 20 Millionen Euro aus Stuttgart kam. In Stuttgart war Endō Legendo der „Leader“ und unter den Fans behaupten viele, dass der VFB ohne den Japaner nicht mehr in der ersten Liga spielen würde. Er gilt als guter Zweikämpfer und kopfballstark. Von den Neuzugängen ist er wohl am ehesten als Ersatz für Fabinho zu sehen. Die Zeit wird zeigen, ob er eher ein Rollenspieler wird oder Stammkraft. Persönlich traue ich dem fleißigen Japaner zu, eine der großen Überraschungen in der Liga zu werden.


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Am Deadline Day kam dann noch der seit langem als Neuzugang gehandelte Ryan Gravenberch vom FC Bayern München für 40 Millionen Euro. Bereits vor seinem Wechsel nach Deutschland stand er auf Klopps Liste, entschied sich damals allerdings für das Angebot des deutschen Rekordmeisters. Pech für den Niederländer, aber Glück für Bayern, die hier ein gutes Geschäft machen konnten. Als sich die Möglichkeit bot den Niederländer noch kurzfristig zu verpflichten, wollte man sich diese Möglichkeit trotz eines schwierigen Jahrs in der Bundesliga nicht entgehen lassen. Der 21-Jährige besticht mit guter Physis, ist ein guter Balleroberer und kann darüber hinaus auch mit einer guten Technik und starken Pässen glänzen. Alles Eigenschaften, die gut in das System von Jürgen Klopp bei Liverpool passen.

Fehlt eine Alternative in der Abwehr?

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Neben den Neuzugängen stehen auch noch der verletzungsanfällige Thiago, die aufstrebenden Youngster Curtis Jones, Stefan Bajcetic und Harvey Elliott noch zur Verfügung. Betrachtet man nun die Optionen und die ersten Leistungen Liverpools in der Saison, sollte der Umbruch im Mittelfeld gelungen sein. Einzig eine Alternative für die Abwehr wurde nicht verpflichtet. Hier ist man auf etwas Glück angewiesen und muss auf wenig Ausfälle hoffen. Da sowohl für van Dijk als auch TAA die Alternativen fehlen.

Was die Neuankömmlinge betrifft, hatten viele auf Jude Bellingham, Aurelian Tchouameni, Moises Caicedo oder Roméo Lavia gehofft. Es lässt sich allerdings festhalten, Liverpool bleibt seiner Linie treu und setzt bis auf Endo auf junge, hungrige, noch entwicklungsfähige Spieler zu „überschaubaren“ Preisen.

Mein Fazit: Eine gelungene Transferphase, ein gelungener Umbruch im Mittelfeld. 8 von 10.

Geschrieben von Markus Ratzinger // Titelbild: Getty Images