Wataru Endō wechselt für 19 Millionen Euro vom VFB Stuttgart zum Liverpool FC. Der japanische Nationalspieler wurde am Freitag den Medien präsentiert.
Nach dem Transfer-Desaster um Moisés Caicedo und Roméo Lavia hat der Liverpool FC heute seine neue Nummer Drei vorgestellt. Wataru Endō kommt für eine Ablösesumme in Höhe von 19 Mio. € vom VfB Stuttgart, mit Boni kann diese auf bis zu 25 Mio. € anwachsen. Zurecht kann man behaupten, dass dieser Transfer durchaus aus dem Nichts kam und für viele Fans überraschend ist. Doch warum macht Endō durchaus Sinn? Und was bringt er dem Liverpool FC?
Sebastian Hoeneß sollte recht behalten

Wenn heutzutage Manager oder Trainer auf einer Pressekonferenz davon sprechen, dass ein Transfer so gut wie sicher sei, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass dieser dann auch über die Bühne geht. Anders als im Fall Moisés Caicedo, als Jürgen Klopp auf der Spieltag Konferenz vor dem Saisonauftakt gegen Chelsea FC die Einigung mit Brighton & Hove Albion bekannt gab, sollte Sebastian Hoeneß mit seinen Aussagen recht haben.
Am Donnerstag sprach er davon, dass der Transfer seines Kapitäns Wataru Endō zum Liverpool FC „so gut wie durch“ sei. Einen Tag später hat Liverpool dann Vollzug gemeldet. Ein Jahr vor Vertragsende wechselt der Japaner aus dem Schwabenland an die Merseyside. Mit dem Wechsel nach England erfüllt er sich einen Traum. Ende letzten Jahres gab Endō nämlich bekannt: „Das Ziel England habe ich noch immer im Kopf. Vor allem möchte ich einmal in der Champions League spielen.“
In Liverpool muss er sich zwar in der laufenden Saison erstmal mit der Europa League begnügen, doch er wird einen großen Anteil daran haben, dass die Reds in der Premier League die Qualifikation für die neue Saison schaffen.
Über Belgien zum Kapitän in Stuttgart und Japan

Im Sommer 2019 lieh der VfB Stuttgart Endō vom belgischen Erstligisten VV St. Truiden aus. In der Zweitligasaison brachte es Endō dann auf 20 Startelf-Einsätze und entwickelte sich schnell zum Stammspieler. Nach dem Bundesliga-Aufstieg 2020 verpflichtete ihn der VfB dann wenig überraschend fest. Ca. 1,7 Mio. € ließen sich die Schwaben die Dienste des Japaners kosten – im Nachhinein ein echtes Schnäppchen. Schnell etablierte er sich zum Fanliebling, wurde mit dem VfB in der Aufstiegssaison starker Neunter und hatte nichts mit dem Abstieg zu tun.
Im Sommer 2021 übernahm Endō dann die Kapitänsbinde von Gonzalo Castro. Stuttgart tat sich in der gefürchteten zweiten Saison nach dem Aufstieg schwer und landete mit Ach und Krach auf Platz 15 – auch dank Endō. Am letzten Spieltag köpfte er sein Team in der Schlussminute zum direkten Klassenerhalt und war danach in Stuttgart unter dem Namen „Legendo“ bekannt.
Als Führungsspieler und Leader ist er auch in der Nationalmannschaft eine feste Größe. Seit Januar 2022 ist er Mannschaftsführer seiner Nationalmannschaft und führte sein Land als Tabellenführer der Gruppenphase bei der WM in Katar bis ins Achtelfinale – unter anderem nach einem 2:1 Erfolg gegen Deutschland. Insgesamt 99 Bundesliga- und 50 Nationalmannschaftseinsätze stehen in seiner Vita.
Endō bringt genau das, was Liverpool gerade braucht

Mit Endō bekommt Liverpool einen weiteren Leader. Gerade nach dem Abgang von Führungspersönlichkeiten wie Jordan Henderson, Fabinho oder James Milner werden diese dringend benötigt. Die meisten Bundesliga-Minuten machte er im zentralen oder defensiven Mittelfeld, aber auch in der Innenverteidigung konnte der Japaner schon überzeugen. Trotz seiner Größe (1,78 m) gewann kein anderer Mittelfeldspieler in seiner Bundesligazeit mehr Kopfballduelle – insgesamt 2,2 von 3,7 pro Spiel. Dieser Wert ist sogar höher als jener von Fabinho – 1,5 von 2,7 pro Spiel.
Zudem bestritt er seit seiner Ankunft in der Bundesliga die zweitmeisten Zweikämpfe – insgesamt 207 – wovon er 58 % gewinnen konnte. Eindrucksvoll auch seine abgespulten Minuten in der Bundesliga: über 8.700 Minuten machte er in seiner Zeit beim VfB – kein Mittelfeldakteur der Liga brachte mehr auf den Platz. Lediglich zwei Spiele verpasste er in seiner Zeit in Stuttgart verletzungsbedingt.
Neben seinen Fähigkeiten als Sechser dominiert er auch offensiv das Mittelfeld. In der vergangenen Spielzeit war kein anderer Stuttgarter an so vielen Offensivaktionen beteiligt. 35-mal gab er eine direkte Schussvorlage, in über 129 Situationen war er direkt beteiligt, wo eine Torchance aus dem Spiel entstanden ist. Außerdem passt die Spielidee der Schwaben in das Profil von Klopp. Endō kennt das schnelle Vertikalspiel und den direkten Zug zum Tor nach Balleroberung. Dies erleichtert sicherlich die Eingewöhnung in eine neue Liga und das Team der Reds.
Starter oder doch nur Backup?

Auf den ersten Blick ist Wataru Endō sicherlich nicht der Name, den die meisten Liverpool-Fans nach dem Abgang von Fabinho erwartet hätten. Genauer betrachtet macht dieser Transfer allerdings durchaus Sinn. Auch wenn weitere Namen wie der Marokkaner Sofyan Amrabat vom AC Florenz oder Cheick Doucouré von Crystal Palace in der Liverpooler Gerüchteküche brodeln, wird er unter Jürgen Klopp mehr als nur ein Kaderspieler sein.
Mit Wataru Endō kriegt Jürgen Klopp genau das, was er in der derzeitigen Situation braucht und gesucht hat – Zuverlässigkeit inmitten eines Umbruchs. Er wird nicht die nächsten 10 Jahre in Liverpool prägen, aber ein elitärer Bestandteil sein. Eines seiner Ziele hat Endō bereits erreicht, nun soll die Champions League folgen – und er wird alles daran setzen, um diese in dieser Saison zu erreichen.
Geschrieben von Sönke Othersen – Titelbild: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images