Analyse │ Am Sonntag empfängt der Liverpool FC am 34. Spieltag der Premier League die Tottenham Hotspur. Unsere Gegneranalyse:
Die Spurs wollten diese Saison eigentlich ganz oben angreifen. Nicht wenige Experten hatten sie als den ärgsten Verfolger von Manchester City im Kampf um die Meisterschaft auf dem Zettel. Das lag neben Titelgarant Antonio Conte (53) auf der Bank vor allem am starken Transfersommer. Zu Saisonbeginn sah es auch noch gut aus, danach stürzte man weiter und weiter ab. Auch die Wintertransfers konnten keine Abhilfe schaffen.
Tottenham – Zwei namhafte Leihen und einiges Chaos
Alle Neuzugänge kamen auf Leihbasis. Und bei beiden steckte eine interessante Geschichte hinter dem Transfer. Arnaut Danjuma (25), Premier-League-Fans bereits aus seiner Zeit in Bournemouth bekannt, war bereits auf dem Weg zum Medizincheck bei Everton, die Vereine und auch der Spieler waren sich bereits einig. Doch dann schalteten sich die Spurs ein, der Spieler entschied sich um und landete letztendlich in London.
Der Niederländer wurde bis Saisonende geliehen. Die Leihgebühr beträgt drei Millionen Euro, es gibt zudem eine Kaufoption. Dass diese gezogen wird ist aber unwahrscheinlich. Denn wirklich beitragen konnte er noch nicht, vor allem weil er kaum Spielzeit sieht. Wird Danjuma mal eingewechselt, spielt er mehr als solide. Das Vertrauen des Trainerstabs hat er sich dennoch noch nicht erarbeiten können.
Der zweite Neuzugang ist Pedro Porro (23). Dass die Spurs den Spanier verpflichten würden, war den ganzen Januar über eigentlich klar. Doch man war nicht bereit, die Ausstiegsklausel des Rechtsverteidigers in Höhe von 45 Millionen Euro ziehen. Unter dieser Summe wollte Sporting ihn nicht ziehen lassen. Und so dauerte es bis zum Deadline Tag, ehe man eine Lösung fand. Porro wurde nun bis Saisonende geliehen, danach besteht eine Kaufpflicht.
Um Platz für Porro zu schaffen mussten gleich zwei Rechtsverteidiger den Verein verlassen. Djed Spence (22) wechselte auf Leihbasis nach Rennes. Matt Doherty (31) wollte man eigentlich auch verleihen. Doch da die FIFA unlängst die Regel eingeführt hat, dass ein Verein nur maximal acht Ü21-Spieler verleihen darf, und Tottenham bereits an dieser Grenze angekommen war, klappte eine Leihe nicht. Und so musste der Vertrag mit dem Iren aufgelöst werden, Doherty schloss sich Atletico Madrid an. Zudem verliehen die Spurs Offensivspieler Bryan Gil (21) nach Sevilla.
Chaos auf dem Trainerstuhl
Seit Wochen bekommen die Spurs auf der Trainerposition keine Ruhe in den Verein. Das begann damit, dass Conte an der Gallenblase operiert werden musste und mehrere Spiele fehlte. Rund um diese Zeit im Januar verstärkten sich die Gerüchte, dass der Italiener nicht mehr glücklich in London sei. Der Wunsch Contes, nach Italien zurückzukehren wurde in der Folge immer größer.
Da er mit einem Rücktritt allerdings zum einen im Sommer nicht direkt wieder arbeiten hätte können (die Spurs hatten im Vertrag eine einseitige Verlängerungsoption bis 2024) und er zum anderen auf eine Menge Geld verzichtet hätte entschied sich der Trainer dazu, durch sein Verhalten und seine Äußerungen auf den Pressekonferenzen seinen Rauswurf zu forcieren.
Das passierte dann auch Ende März. Doch anstatt einen Nachfolger zu installieren versuchte Tottenham, die Saison mit einem Interimstrainer über die Bühne zu bekommen, um im Sommer dann mehr Möglichkeiten zu haben. Vor allem der Name Julian Nagelsmann (35) geistert durch die Londoner Medien.
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Die Wahl des Nachfolgers war jedoch durchaus bemerkenswert. Man beförderte Cristian Stellini (49), zuvor rechte Hand von Conte in dessen Stab und sein Ersatz während der OP-Zeit. Wer auch immer auf diese Idee kam, es war ein Scheitern mit Ansage. Schließlich war Stellini ein Teil des toxischen Umfelds, das Conte geschaffen hatte. Und so saß der Italiener auch nur vier Spiele auf der Bank, ehe er nach einem 1:6 in Newcastle durch Ryan Mason (31) ersetzt wurde. Der Engländer kam als Spieler aus der Spurs-Jugend und ist seit seinem Karriereende im Verein tätig. Mit dem Publikumsliebling wird man nun die Saison zu Ende bringen.
Die Leistungen sind komplett im Keller
Lange Zeit konnten sich die Spurs Hoffnungen auf Champions-League-Fußball machen. Man stand Mitte März noch auf dem vierten Tabellenplatz. Seither geht aber kaum noch was. In sechs Spielen gab es nur einen Sieg, ein nur durch mehrere grobe Fehlentscheidungen des Schiedsrichters zustande gekommendes 2:1 gegen Brighton.
Ansonsten holte man gegen die Abstiegskandidaten Southampton (3:3), Everton (1:1) und Bournemouth (2:3) nur zwei Punkte. Dazu kam das bereits angesprochene 1:6 in Newcastle, als Stellini ein System mit Viererkette ausprobierte und man in 20 Minuten fünf Gegentore kassiert hatte. Immerhin holte man am Donnerstag zu Hause gegen Manchester United ein 0:2 auf und sicherte sich noch einen Punkt. Somit steht man zwar noch auf Platz 5, allerdings weit weg von Platz 4, Brighton auf Platz 8 hat noch drei Nachholspiele und nur fünf Punkte Rückstand.
Prognose
Den Spurs ist in den letzten Wochen jegliches Selbstvertrauen abhanden gekommen. Das 2:2 gegen Manchester United war zwar ein Zeichen, dass es in dieser Mannschaft doch noch einen Funken Ehrgefühl gibt, doch es ist davon auszugehen, dass das vor allem an den Heimfans lag. Bekommt man auswärts erneut früh ein Gegentor, ist es unwahrscheinlich, dass Tottenham erneut zurückkommt. Daher muss der LFC in der Anfangsphase viel Druck machen, unter Umständen kann man die Partie schnell entscheiden.
Taktisch dürften die Gäste sehr destruktiv agieren. In Anfield einen Punkt mitzunehmen wäre in ihrer Lage – sowohl mental als auch sportlich im Kampf um Europa – Gold wert. Daher müssen sich die Reds wohl gegen ein tiefes Abwehrbollwerk arbeiten, das, je länger die 0 steht, mehr Selbstvertrauen aufbauen dürfte. Müssen die Spurs hingegen früh öffnen aufgrund eines Rückstands, sollte sich Liverpool im Konter leicht tun.
Lukas Heigl / (Photo by Shaun Botterill/Getty Images)