Der Liverpool FC wird zum ersten Mal seit acht Jahren die Eintrittspreise für Anfield erhöhen. Es werden zwar nur zwei Prozent sein, die Fans reagieren trotzdem mit Unverständnis.
Die Kapazität von Anfield wird im August auf 61.000 Plätze angehoben. Der Ausbau der 80 Millionen Pfund teuren Tribüne „Anfield Road End“ wird dann fertiggestellt sein. Eigentlich ein Grund zur Freude, denn es sollen 1000 neue Dauerkarten verfügbar sein und rund 3000 neue Eintrittskarten in den Mitgliederverkauf gehen. Hinzu kommt ein neuer Bereich für junge Erwachsene zwischen 17 und 21 Jahren hinter dem Tor im Unterrang. Damit sollen sich diese Art der Tickets für die neue Saison verdoppeln.
Doch zum einen werden die Tickets jetzt teurer, wenn auch nur „moderat“. Dabei wurde scheinbar in der internen Kommunikation ein wichtiger Gesprächspartner „nur“ kurzfristig informiert.
Zum anderen kommen aus Sicht der Fans zu wenige Tickets in den freien Verkauf. Und die offiziellen Fanclubs, die von Jahr zu Jahr weniger Tickets bekommen, werden auch dieses Mal keine Zusagen bekommen.
Nur zwei Prozent sind viel bei einer gesellschaftlichen Krise!
Die neuen Eintrittspreise bei den Reds werden nur um maximal zwei Prozent steigen. Das kündigte Liverpool an und verkauft es den Fans als positive Entwicklung. Die meisten Eintrittskarten werden um 1 Pfund pro Spiel teurer, und die Kosten für Dauerkarten, die alle 19 Heimspiele in der Premier League abdecken, werden für die Saison 2023-24 um bis zu 17 Pfund steigen.
Dabei bleiben die Preise für die Junioren und dem lokalen allgemeinen Verkauf von 500 Tickets eingefroren bei 9 Pfund.
Die Erhöhung von Seiten des Vereins wurde sorgfältig abgewägt und nicht leichtfertig entschieden. Die Preiserhöhung ist eine Folge der erheblich gestiegenen Kosten im gesamten Verein. In den letzten fünf Jahren sind die jährlichen Betriebskosten für Anfield um fast 40 Prozent gestiegen, und die Betriebskosten haben sich in dieser Saison um 100 Prozent erhöht.
Kritik von Fans wird „zur Kenntnis genommen“ und ignoriert
Der neue Fanbeirat im Verein wurde zwar bei dem Prozess konsultiert, jedoch bei der Entscheidung offenbar ignoriert. Er beschreibt die Erhöhung in der aktuellen Lage als „grausam und unangemessen“. In einer Erklärung heißt es: „Eine Preiserhöhung während dieser Lebenshaltungskostenkrise ist grausam, ungerecht, unvernünftig und unfair.“
Die Kritik ist hier berechtigterweise angebracht. Diese Erhöhungen kommen zu einer Zeit, in der der Liverpool FC Rekordeinnahmen und signifikant höhere Sponsoreneinnahmen zu verbuchen hat. Außerdem hat sich der Verein nach der Pandemie-Saison wieder gefangen.
Dabei gab es sogar alternative Lösungsvorschläge vom Fanbeirat. Stattdessen solle der Verein ein besseres Angebot auf den Tribünen anbieten, um die Fans vorher ins Stadion zu holen oder die Tribünen nach dem Spiel länger offen halten, damit sich die Leute, die es sich leisten können, ihr Geld ausgeben können.
Neben diesen Faktoren ist es ebenfalls enttäuschend zu sehen, dass scheinbar mehr teure Hospitality- und Sponsorentickets eingerichtet werden, als zuvor befürchtet. Konkrete Zahlen fehlen noch.
Eine weitere Kritik kommt von hunderten von offiziellen Fanclubs des Liverpool FC. Diese sind berechtigt, über den Liverpool FC Tickets an ihre Mitglieder weiterzuverkaufen. Problem dabei ist, dass die Menge der Tickets seit Jahren stagniert bzw. im 20-Jahre-Vergleich sogar rapide zurückgegangen ist. Hinzu kommt ein veraltetes Verteilungssystem.
Die Fanclubs äußerten ihre Bedenken seit Jahren organisiert und lautstark. Es bestand die Hoffnung, dass Liverpool mit der neuen Tribüne eventuell sogar kleinere Bereiche für die Fanclubs fixiert und zumindest die Anzahl der Tickets fix erhöht. Danach sieht es aktuell auch nicht aus. Die Fanclubs wurden tatsächlich über diese Neuerung gar nicht direkt vom Verein in Kenntnis gesetzt.

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Zwei Prozent oder ein paar Pfund mögen jetzt nicht so viel sein. Doch auch die Stadt Liverpool und die Region befinden sich in einer Krise. Man merkt auch anhand der Stimmung im Stadion, dass viele, die sonst für diese besondere Stimmung sorgen, aktuell nicht so oft ein Spiel sehen können und sich ihr Geld für die großen Spiele zurücklegen müssen. Foodbanks – das Pendant zur deutschen Tafel – berichtet wöchentlich von steigenden Zahlen bei der Essensausgabe.
Beunruhigend ist es, dass es im nächsten Jahr 5 % Erhöhung sein könnten und dann wieder 3 % – vor allem, wenn Proteste ausbleiben. Und relativ schnell ist man wieder dabei, dass die Karten teurer werden und die Ausnahme bleiben die Jahre davor. Die Wahrheit ist, die Tickets waren vorher schon zu teuer – nicht nur für die Menschen aus Liverpool.
Vermutlich oder sagen wir hoffentlich wird diese Erhöhung erneute Proteste aus dem Fanlager hervorrufen. Das hätte der Verein durchaus eleganter und sozialer für die eigenen Fans lösen können.
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Geschrieben von André Völkel // Headerbild: Clive Brunskill/Getty Images