Vor dem North-West-Derby zwischen dem Liverpool FC und Manchester United rufen Jürgen Klopp und Erik ten Hag gemeinsam dazu auf, die ekelhaften Fangesänge über Tragödien einzustellen.

Es ist eigentlich für jeden intelligenten Menschen klar, dass es Grenzen gibt. Und diese Grenzen werden noch weit vor Fangesängen und ekelhaften Beschimpfungen gezogen, die Tote verhöhnen oder der gegnerische Seite zu Unrecht Schuld an Tragödien zuweisen. Die Fankultur in England ist an dieser Stelle seit Jahren stark vergiftet. Jeder Besucher hörte vor allem in Anfield bei Spielen gegen z. B. Manchester City, Leeds United, Everton, Leicester City Fangesänge über Hillsborough und Heysel, Verhöhnung von armen, hungernden Menschen in Not und die dazugehörigen Verleumdungen. Manchester-United-Anhänger bekommen regelmäßig Gesänge über die Flugzeugkatastrophe von München zu hören.

Vor dem großen Duell zwischen den Red Devils und den Reds rufen nun beide Trainer gemeinsam dazu auf, „die Leidenschaft zu bewahren und das Gift loszuwerden“.

„Einer der Hauptgründe, warum die Rivalität zwischen Liverpool und Manchester United so besonders ist, ist, dass sie so intensiv ist und niemand sollte dies jemals ändern wollen.“ – heißt es von Jürgen Klopp in der Erklärung. „Aber wenn die Rivalität zu intensiv wird, kann sie in Bereiche vordringen, die für niemanden gut sind, und das brauchen wir nicht. Wir wollen den Lärm, wir wollen, dass der Anlass parteiisch ist, und wir wollen, dass die Atmosphäre elektrisierend ist.“

„Was wir nicht wollen, ist alles, was darüber hinausgeht, und das gilt insbesondere für die Art von Gesängen, die im Fußball nichts zu suchen haben.“

Erik Ten Hag, aktueller Trainer bei Manchester United, fügte hinzu: „Wir alle lieben die Leidenschaft der Fans, wenn unsere Mannschaften aufeinandertreffen, aber es gibt Grenzen, die nicht überschritten werden sollten. Es ist inakzeptabel, den Verlust von Menschenleben – in Bezug auf jede Tragödie – zu nutzen und es ist an der Zeit, dass dies aufhört.“

Die Verantwortlichen für diese Fangesänge schaden nicht nur dem Ruf der Vereine und werfen ein äußerst schlechtes Licht auf die Fanszene. Es führt auch regelmäßig dazu, dass zum Beispiel im Falle von Überlebenden und Betroffenen der Hillsborough-Katastrophe die Traumata ins Bewusstsein gerufen werden.

Letzten Monat erklärte die Premier League, dass sie das Problem der „tragedy chanting“ nach dem 2:0-Sieg von United in Leeds am 12. Februar als „dringliche Angelegenheit“ behandelt. Endlich sollte man hier sein. Und natürlich viel zu spät. Beim Spiel zwischen beiden Teams wurden lautstark und in Masse über die Flugzeugkatastrophe von 1958 in München gesungen. Als Reaktion darauf stimmten die gegnerischen Fans Gesänge über den Tod von zwei Leeds United Fans in Istanbul 2000 an.

Es gibt Grenzen, die hier seit Jahren überschritten werden. Sie waren schon immer absolut inakzeptabel. Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, wenn hier jetzt Vereine und Liga gemeinsam diese Problematik ansprechen. Um Herr der Lage im Stadion und auf Social Media zu werden, bedarf es aber weitaus mehr, als nur gemeinsame Statements. Und dann wäre da noch das extrem große Rassismus-Problem.

Geschrieben von André Völkel // Headerbild: Clive Brunskill/Getty Images