Analyse | Am Samstag empfängt der Liverpool FC zum 14. Spieltag der Premier League Leeds United. Unsere Gegneranalyse:
Letzte Saison war keine gute für die Whites. Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg musste man eine Vielzahl an Rückschlägen einstecken und rettete sich am Ende gerade noch so vor dem Abstieg. Im Sommer wollte man das größte Problem, den zu dünnen Kader, angehen.
Die beiden besten Spieler verloren und in die Breite investiert
Für dieses Ziel investierte Leeds sehr viel Geld. Sieben neue Spieler kamen für insgesamt 113 Millionen Euro. Ersatzkeeper Joel Robles (32, ablösefrei von Betis Sevilla) und Offensivtalent Wilfried Gnonto (18, für 4,5 Millionen aus Zürich) fallen dabei eher weniger ins Gewicht. Als Rotations- bzw. Stammspieler eingeplant sind die anderen fünf Neuzugänge.
Dabei bediente man sich vor allem bei den Ex-Stationen von Trainer Jesse Marsch (48), RB Salzburg und RB Leipzig. Gleich drei Spieler kamen von den beiden Red-Bull-Ablegern in Österreich und Deutschland. Für Zehner Brenden Aaronson (21), Sechser Tyler Adams (23) und Rechtsverteidiger Rasmus Kristensen (24) zahlte Leeds zusammen 63 Millionen Euro. Alle drei sind in Leeds gesetzt.
Die beiden weiteren neuen Spieler sind Linksaußen Luis Sinisterra (23, für 25 Millionen Euro aus Rotterdam) und der zentrale Mittelfeldspieler Marc Roca (25, für zwölf Millionen vom FC Bayern München). Die beiden sind die direkten Nachfolger der zwei größten sportlichen Verluste im Sommer. Flügelspieler Raphinha (25), letzte Saison mit elf Toren Toptorschütze, bester Offensivspieler der Whites und nahezu im Alleingang für den Klassenerhalt verantwortlich, wechselte für 58 Millionen Euro zum FC Barcelona.
Der sportlich nicht ganz so entscheidende, für die Fans jedoch wesentlich schwerer zu verkraftende Abgang ist der von Kalvin Phillips (26). Der defensive Mittelfeldmann wechselte für 49 Millionen Euro zu Manchester City. Phillips war neben seinem sportlichen Wert auch Identifikationsfigur und Fanliebling. Er ist in Leeds geboren und bei den Whites ausgebildet worden. Im Laufe seiner Karriere war nahezu jeder Premier-League-Verein an ihm interessiert. Mehr als einmal stand ein Wechsel unmittelbar bevor. Doch als Leeds-Fan wollte Phillips lange Zeit nicht gehen. Im Sommer war es also soweit, der Kapitän verließ den Verein. Ein herber Schlag auch auf emotionaler Ebene.
Pressen bis der Arzt kommt
Taktisch ist das Konzept der Whites sehr leicht zusammenzufassen. Man presst den Gegner über das komplette Feld. Kein Team führt mehr Pressingaktionen aus, keine Mannschaft gewinnt den Ball häufiger in Zweikämpfen als Leeds. Hat man den Ball, geht es nach Möglichkeit überfallartig nach vorne. Das wird deutlich lieber über Dribblings gelöst als durch Passspiel. So liegt Leeds bei den erfolgreichen Dribblings auf Platz sechs im Ligavergleich, bei den gespielten Pässen nur auf Rang 13.
Das liegt natürlich zu einem ganz großen Teil an Trainer Marsch. Der US-Amerikaner übernahm Ende Februar den Job von Marcelo Bielsa (67). Durch seine Ausbildung bei New York RB (2015 – 2018), RB Leipzig (2018 – 2019 und 2021) sowie RB Salzburg (2019 – 2021) ist Marsch wohl von den aktuell tätigen Trainern derjenige, der den RB-Pressingstil am meisten verkörpert. Es wird extrem viel Wert auf die körperliche Fitness der Spieler gelegt, mehr noch als auf die fußballerischen Qualitäten. Entsprechend steht Leeds auch bei der Passquote mit nur 76,7% auf Platz 17 ligaweit.
Die Anfangseuphorie ist verflogen
Zu Saisonbeginn konnte man denken, dass es für Leeds nach der schwierigen letzten Saison dieses Jahr deutlich entspannter werden würde. Nach drei Spielen stand man mit sieben Punkten da, unter anderem konnte Chelsea mit 3:0 geschlagen werden. Doch auf dieses Hoch folgte ein ganz tiefes Tief. Aus den nächsten acht Spielen konnten die Whites kein einziges gewinnen und nur zwei Punkte holen. Entsprechend rutschte man in der Tabelle kontinuierlich ab und steht inzwischen auf dem Abstiegsplatz 18. Wenn der Trend so weiter geht, könnte es für Marsch zeitnah eng werden.
Prognose
Leeds wird erneut alles in die Waagschale werfen, die Mannschaft kämpft auch für den Job ihres Trainers, dem viele im Kader schon vor der Station in England einiges zu verdanken haben. Die Whites sind also wie ein angenockter Boxer. Geht man es richtig an und lässt sich nicht auf das tempobehaftete Spiel ein, sondern nimmt die Geschwindigkeit aus der Partie und kontrolliert sie über Ballbesitz, dürften die Reds wenig Probleme haben. Lässt man sich jedoch auf die Spielweise der Gäste ein, kann es schnell hässlich werden.
Lukas Heigl / (Photo by LINDSEY PARNABY/AFP via Getty Images)