Am Mittwoch empfängt der Liverpool FC am 12. Spieltag der Premier League West Ham United. Unsere Gegneranalyse:

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Zwei Jahre in Folge spielten die Hammers über ihren Verhältnissen und qualifizierten sich jeweils für den europäischen Wettbewerb. Letzte Saison ging es dazu noch in der Europa League bis ins Halbfinale. Der Grund, warum man in dieser Saison nur Conference League und nicht erneut Europa League spielt ist, dass der Kader letzte Saison sehr dünn war und man am Ende zu viele Ausfälle zu beklagen hatte. Dieses Problem ging West Ham im Sommer mit viel Geld an:
Aus der Schwäche eine Stärke gemacht
Acht Spieler verpflichteten die Hammers im Sommer, insgesamt gab man für die Neuzugänge stolze 165 Millionen Euro aus. Dabei wurden die Schwachstellen der vergangenen Saison sehr gut adressiert. Man hatte neben Michail Antonio (32) keinen weiteren gelernten Stürmer im Kader, dazu war die Innenverteidigung sehr dünn besetzt. Für die Innenverteidigung kam zunächst Nayef Aguerd (26) aus Rennes.
Der Algerier, für den West Ham stolze 35 Millionen Euro auf den Tisch legte, verletzte sich allerdings in der Vorbereitung schwer am Spunggelenk und hat deshalb bisher noch keine Sekunde gespielt. Aus diesem Grund legten die Londoner nochmals nach und verpflichteten Thilo Kehrer (25). Der deutsche Nationalspieler, der defensiv flexibel einsetzbar ist, kostete aufgrund eines auslaufenden Vertrags nur zwölf Millionen Euro und ist absoluter Stammspieler.
Für den Angriff holten die Hammers Gianluca Scamacca (23). Der 1,95 Meter große Italiener erzielte letzte Saison für Sassuolo 16 Tore in der Serie A, auch in England ist er nach seinem 36-Millionen-Transfer gut angekommen. Sechs Tore nach 13 Spielen stehen wettbewerbsübergreifend zu Buche. Scamacca hat Antonio inzwischen als Stürmer Nummer 1 abgelöst.
Ansonsten kamen mit Maxwel Cornet (25, für 21 Millionen aus Burnley), Emerson (28, für 15,5 Millionen von Chelsea), Flynn Downes (23, für 10,6 Millionen aus Swansea) und Alphonse Areola (29, für 9,3 Millionen von PSG) vier Spieler für die Breite auf verschiedenen Positionen. Cornet ist Flügelspieler, Emerson Linksverteidiger, Downes zentraler Mittelfeldspieler und Areola Keeper.
Der letzte ganz große Transfer war der von Lucas Paquetá (25). Der offensive Mittelfeldspieler kam für stolze 43 Millionen Euro aus Lyon. Die Summe, die die Hammers für den brasilianischen Nationalspieler bezahlen, kann durch Boni auf über 60 Millionen Euro ansteigen. Ein echtes Brett für einen Verein, der nicht regelmäßig Champions League spielt.
Abgegeben wurde kein sportlich relevanter Spieler. Am ehesten schmerzt sicherlich das Karriereende von Mark Noble (35), doch der Verlust des Kapitäns ist eher auf die emotionale Ebene zu setzen als auf die sportliche. Deshalb haben die Hammers nun einen Kader, der es Trainer David Moyes (59) theoretisch erlauben würde, zwischen den Spielen die gesamte Startelf auszutauschen. Einen Luxus, den wenige Vereine haben.
Mehr Rotation als die letzten Jahre
Taktisch sind die Hammers in dieser Saison recht flexibel. Zumeist spielt man in einem 4-2-3-1, aber auch die Dreierkette kommt zum Einsatz. Dies war vor allem Ende August der Fall, als fast alle Innenverteidiger ausgefallen waren und Moyes eine Dreierkette mit zwei gelernten Außenverteidigern aufstellte. Und auch gegen Liverpool könnte die Dreierkette zum Einsatz kommen. Grund dafür ist, das womöglich Kehrer die einzige fitte Option in der Innenverteidigung ist.
Hier wird jedoch davon ausgegangen, dass der am Wochenende kranke Kurt Zouma (27) wieder fit ist. Im Tor bekommt Lukasz Fabianski (37) auch diese Saison wieder in der Liga den Vorzug vor Areola. Der Franzose darf international und in den Pokalen ran. In der Abwehr haben bereits sieben Spieler ordentlich Spielzeit bekommen. Die Innenverteidigung dürften Zouma und Kehrer bilden. Die beiden ergänzen sich richtig gut. Zouma ist der kompromisslose Verteidiger, während Kehrer vor allem für den Spielaufbau zuständig ist.
Auf den Außenbahnen agieren wohl Aaron Cresswell (32) und Vladimir Coufal (30). Cresswell ist durch sein gutes Spielverständnis wichtig für den Spielaufbau, er hilft Kehrer hier sehr. Schwächen hat der Engländer vor allem im Tempo, inzwischen kommt es zu oft vor, dass er aufgrund fehlender Geschwindigkeit zu Foulspielen greifen muss. Coufal auf der anderen Seite ist das genaue Gegenteil, der Tscheche rennt die Linie 90 Minuten hoch und runter.
Rice zurück bei alter Stärke
Vor dieser Viererkette sichern die beiden groß gewachsenen Tomas Soucek (27) und Declan Rice (23) ab. Soucek ist nach einem Formtief letzte Saison inzwischen wieder fast auf seinem Niveau aus 2020/21 angekommen. Rice hingegen tat sich sehr schwer, in die Saison zu finden. Vielleicht lag es daran, dass dem englischen Nationalspieler ein Wechsel zu Chelsea verwehrt wurde. Inzwischen ist der Kapitän wieder beinahe auf dem aus den letzten Jahren gewohnt hohen Niveau angekommen. Rice und Soucek bilden nun wieder eine der stärksten Doppelsechsen der Liga.
Auf den Außen spielen zwei inverse Flügelspieler, also ein Linksfuß auf der rechten Seite und ein Rechtsfuß auf der linken Seite. Auf der rechten Seite ist die von Jarrod Bowen (25), links hat diese Saison bisher Pablo Fornals (26) den Vorzug vor Manuel Lanzini (29). Zwischen den beiden hat sich Paquetá nach seinem späten Wechsel inzwischen festgespielt.
Wie wohl bereits vermutet sind die Hammers eine sehr zweikampfstarke Mannschaft. Fußballerisch wird die Mannschaft immer besser, das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem Kampf um jeden Ball. Dabei läuft man mit am meisten Meter in der Liga und wird offensiv vor allem nach Kontern und Standardsituationen gefährlich. Beim Ballbesitz liegt man im unteren Drittel der Liga, bei der Passquote auf Platz 12. Nicht selten kommt es vor, dass West Ham nur wenige Sekunden nachdem der Ball am eigenen Strafraum war, mit vier Mann in der gegnerischen Box ist.
Endlich geht die Formkurve nach oben
Der Saisonstart war extrem schwer für West Ham. Die Neuzugänge waren noch nicht integriert und zum Teil noch gar nicht im Kader, in der Abwehr fehlten wichtige Leute und Rice sowie Bowen suchten nach ihrer Form. Inzwischen läuft es deutlich besser. Vor allem Kehrer und Scamacca heben das Niveau deutlich an. So gab es zuletzt – wenn auch gegen vergleichsweise leichte Gegner – sieben Punkte aus drei Spielen.
Und so stehen die Hammers inzwischen im Mittelfeld der Tabelle. Setzt sich der Trend fort, wird man zeitnah wieder an die internationalen Plätze klopfen. Von Vorteil dürfte hierbei auch sein, dass man sich in der Conference League bereits nach vier Gruppenspielen für die KO-Phase qualifiziert hat. Für den Gruppensieg und damit ein Freilos in der Zwischenrunde benötigen die Londoner nach vier Siegen noch einen Punkt.
Prognose
Die Hammers werden den Reds ein sehr unangenehmes, weil physisches Spiel liefern. Vor allem nach den Strapazen des Topspiels gegen Manchester City und der aktuell gerade offensiv dünnen Personaldecke ist das ein Gegner, auf den man eigentlich nicht treffen will. Liverpool muss es schaffen, die Intensität und Lauffreude der Gäste mitzugehen. Gelingt das nicht, könnte nach dem Hoch am Sonntag sehr schnell das nächste Tief folgen.
Lukas Heigl / (Photo by Clive Brunskill/Getty Images)