Analyse │ Am Samstag empfängt der Liverpool FC am 36. Spieltag der Premier League die Tottenham Hotspur. Für beide Mannschaften geht es noch um eine Menge. Die Gegneranalyse der Redmen Family.

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Lange sah es so aus, als wäre auch diese Saison wieder ein verschenktes Jahr für die Spurs. Doch seit dem Trainerwechsel hin zu Antonio Conte (52) Anfang November läuft es für die Londoner – mit Ausnahme zweier Schwächephasen – sehr gut. Mit dafür verantwortlich sind auch Spieler, die man im Januar zum Team hinzugefügt hat.

Contes bisherigem Karriereweg sowie die neue taktische Ausrichtung unter ihm haben wir bereits in der Gegneranalyse zur Hinrunde ausführlich besprochen. Zu dieser gelangt ihr hier!

Den Kader ausgemistet und in Italien eingekauft

Zwei Neuzugänge kamen in der Wintertransferperiode. Beide Spieler standen in der Hinrunde bei Juventus Turin in der italienischen Serie A im Kader. Mittelfeldspieler Rodrigo Bentancur (24) wurde für 19 Millionen Euro fest verpflichtet. Für den Uruguayer können zudem noch Boni in Höhe von sechs Millionen Euro fällig werden. Bentancur hatte zu Beginn seiner Zeit in Turin einen starken Eindruck hinterlassen, zuletzt war er jedoch kaum noch zum Einsatz gekommen.

Als vielseitig einsetzbarer Offensivspieler kam Dejan Kulusevski (21) zunächst leihweise für eine stattliche Gebühr in Höhe von zehn Millionen Euro. Dazu gibt es eine Kaufoption über 35 Millionen Euro, die bei der Qualifikation für die Champions League zu einer Kaufpflicht wird. Der Schwede hatte seine beste Zeit bei Parma Calcio. Dorthin war er von Atalanta Bergamo hin verliehen, Juve kaufte den Spieler im Winter 2019/20 für 35 Millionen Euro.

In Sachen Abgänge waren die Spurs sogar noch aktiver. Dabei ging es zum einen darum, Talenten Spielzeit zu verschaffen, zum anderen teure Spielern, die nicht zum Stil von Conte passen, anderweitig unterzubringen. Einer dieser Spieler ist Tanguy Ndombele (25). Der zentrale Mittelfeldspieler wurde für die Rückrunde zu Olympique Lyon verliehen, von wo er 2019 für 60 Millionen Euro gekommen war.

Ein weiterer ehemals teurer Mittelfeldspieler, der nun verliehen wurde, ist Giovani Lo Celso (26). Auch der Argentinier war 2019 gekommen, Lo Celso hatte 48 Millionen Euro gekostet. Nun spielt er bis zum Sommer wieder in Spanien, wo er herkam. Den Reds-Fans dürfte der Verein bekannt sein, es ist der FC Villarreal, gerade erst Champions-League-Halbfinalgegner der Reds gewesen.

Der vermeintlich größte Abgang war der von Dele Alli (25). Die Karriere des ehemaligen Shootingstars und Nationalspielers war in den letzten Jahren arg ins Straucheln gekommen. Auch unter Conte kam der Engländer kaum zum Einsatz. Im Januar zog man nun einen Schlussstrich, der Mittelfeldspieler wechselte zum Everton FC. Zunächst wurde keine Ablöse fällig, je nach Anzahl der Einsätze kann allerdings noch ein Betrag aus Liverpool nach London fließen, bis zu 40 Millionen Euro sind möglich.

Außerdem wurden die beiden Talente Jack Clarke (21) und Bryan Gil (20) verliehen. Clarke, der vor zweieinhalb Jahren für elf Millionen Euro aus Leeds kam, konnte bisher noch nicht einmal seine Zweitligatauglichkeit unter Beweis stellen und spielt nun beim AFC Sunderland in der drittklassigen League One. Gil, der erst im Sommer 2021 gekommen war, wurde zu Valencia verliehen.

Harry Kane ist zur alten Form zurückgekehrt

In der Hinrunden-Analyse haben wir noch geschrieben, dass Harry Kane (28) aufgrund einiger Faktoren, vor allem dem geplatzen Sommerwechsel zu Manchester City, noch nicht wirklich in der Saison angekommen war. Dies hat sich seither grundlegend verändert. Einschließlich des Hinspiels gegen Liverpool, in dem er einmal traf, steht Kane seitdem bei zwölf Toren und sieben Vorlagen in 20 Spielen.

Auch ihm hat mit etwas Verzögerung das neue System von Conte gut getan. Denn aus dem 3-4-2-1 wird oft ein 4-3-1-2, in dem sich Kane hinter die beiden eigentlich hinter ihm agierenden Heung-Min Son (29) und Kulusevski fallen lässt. Dadurch kann er seine Spielmacherqualitäten wieder deutlich besser einsetzen. Mit Kulusevski hat Tottenham zudem einen Spieler gefunden, der das so starke Duo Son – Kane perfekt ergänzt.

Son, in dieser Saison mit 17 Toren Topscorer bei den Spurs und im Abschluss aktuell einer der besten Spieler der Welt, besticht mit Geschwindigkeit und Torinstinkt. Kane bringt die Passfähigkeiten und den eiskalten Abschluss mit. Kulusevski ist nun ein Spieler, der durch seine Körperlichkeit und gleichzeitig technische Stärke auf engem Raum kaum vom Ball zu trennen ist. Sehr viele Angriffe der Spurs beginnen bei dem Schweden, der zwei Gegner bindet und auf Kane ablegt. Dieser nutzt dann seinen Freiraum, um selbst abzuschließen oder Son zu bedienen. Entsprechend hat Kulusevski auch bereits sechs Torvorlagen seit Januar gesammelt.

Zu viele Ausrutscher für Platz vier?

Ganz konstant sind die Spurs auch unter Conte nicht. Noch zu oft gibt es Punktverluste gegen vermeintlich kleine Mannschaften. Mitte März bis Mitte April gewann man vier Spiele in Folge mit einer Tordifferenz von 14:2 und schob sich auf Rang vier. Fast jeder dachte, nun würden die Spurs sich den Qualifikationsplatz für die Champions League sichern.

Doch es kam anders. Am Ostersamstag verlor Tottenham zu Hause durch eine extrem schlechte Leistung mit 0:1 gegen Brighton, eine Woche später setzte es ein torloses Remis bei Brentford. In beiden Spielen zusammen schafften es die Spurs nicht, auch nur einen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor zu bringen. Dadurch zog Arsenal wieder vorbei, die Spurs stehen auf Rang fünf.

Am letzten Wochenende gewann man dann wieder sehr souverän gegen Leicester (3:1), wobei man anmerken muss, dass die Foxes sichtlich ihre Kräfte für das UEFA-Conference-League-Halbfinale gegen die AS Rom geschont hatten. Nun stehen die Spur zwei Punkte hinter Arsenal. Am kommenden Donnerstag kommt es zum direkten Duell, das viel entscheiden könnte. Entscheidend zugunsten der Spurs kann das Spiel aber nur werden, wenn sie in Liverpool etwas mitnehmen.

Prognose

Tottenham dürfte am Samstag deutlich offensiver zu Werke gehen als in den vergangenen Spielen in Anfield. Platz fünf ist mit drei Punkten Vorsprung und der klar besseren Toordifferenz gegenüber Manchester United quasi sicher, da die Red Devils nur noch zwei Spiele haben und die Spurs noch ganze vier. Ein Punkt bringt also wenig, ein Sieg muss her. Die Spurs dürften sehr ähnlich zum Hinspiel agieren. Dort überließen die Londoner zwar den Reds den Ball, Kane und Son blieben jedoch sehr weit vorne stehen, um jederzeit schnelle Gegenangriffe fahren zu können.


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Nun könnte es sogar sein, dass mit Kulusevski noch ein dritter Mann weitestgehend von defensiven Aufgaben entbunden wird. Dadurch werden vor allem die Liverpooler Außenverteidiger nochmal mehr Raum nach vorne haben. Defensiv muss man vor allem im Zentrum aufpassen. Auf den Außenbahnen merkt man den Ausfall von Matt Doherty (30) enorm. Der Ire konnte seine Stärken als Wingback optimal ausspielen und stand bei zwei Toren und vier Vorlagen. Er fällt für den Rest der Saison aus.

Nach Standards sind die Spurs extrem ungefährlich. Trotz Kanes Tor nach einer Ecke gegen Leicester steht Tottenham nur bei sechs Toren nach ruhenden Bällen, nur zwei Teams sind schlechter in der Premier League.