Am Sonntag empfängt der Liverpool FC am 34. Spieltag der Premier League im Stadtderby den Everton FC. Die Gegneranalyse der Redmen Family.

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Auf der anderen Seite des Stanley Parks versucht man seit Jahren, die Topteams anzugreifen. In dieser Saison musste man jedoch – anders als die Jahre zuvor – kleinere Brötchen backen, es stand kaum Geld für Kaderinvestitionen zur Verfügung.

FFP und Stadionneubau sorgen für wenige Verstärkungen

Das liegt vor allem am englischen Financial Fairplay, das im Gegensatz zu seiner europäischen Variante Anwendung findet und entsprechend von den Vereinen einzuhalten ist. Everton durfte somit in dieser Saison kein Transferminus einfahren, sonst wäre man im Herbst mit einer Punktestrafe belegt worden und mit -6 Punkten in die Saison gegangen. Dazu kam dann noch, dass die Toffees nach jahrelangem Kampf endlich die Bewilligung der Stadt zum Bau eines neuen Stadions bekommen haben. Der Bau hat bereits begonnen und wird knapp 600 Millionen Euro kosten.

Da im Sommer ein kleines Transferplus erwirtschaftet worden war, konnte Everton im Winter zumindest ein bisschen am Kader basteln. Zunächst wurde einer der besten Linksverteidiger der Liga, Lucas Digne (28), für 30 Millionen an Aston Villa abgegeben. Grund hierfür war, dass er sich mit dem damaligen Trainer Rafael Benitez (62) überworfen hatte. Nach dem Verkauf hagelte es Kritik von allen Seiten, schließlich war absehbar, dass Benitez nicht mehr lang Trainer sein würde. Fans und Experten hätten den Vizekapitän Digne gerne weiter im Team gesehen.

Dignes Nachfolger auf der Linksverteidigerposition wurde Vitaliy Mykolenko (22). Der Ukrainer kam für den stolzen Preis von 23,5 Millionen Euro von Dynamo Kiew. Auch auf der anderen Seite wurde ein Neuzugang verpflichtet. Nathan Patterson (20) kam von den Glasgow Rangers. Der Schotte gilt als großes Talent, doch auch angesichts seiner geringen Einsätze in Glasgow erscheinen 14 Millionen durchaus als hohes Invest. Im Zuge des Digne-Transfers lieh Everton außerdem den Außenbahnspieler Anwar El Ghazi (26) für den Rest der Saison von Aston Villa aus.

Zwei große Namen kommen Ende Januar

Die beiden namhaftesten Spieler kamen am Ende des Transferfensters, zweimal kamen die Neuzugänge für das zentrale Mittelfeld. Zunächst wurde Donny van de Beek (24) von Manchester United ausgeliehen. Der Niederländer, der im Sommer 2020 für 39 Millionen Euro von Ajax Amsterdam nach Manchester gewechselt war, kam dort überhaupt nicht zurecht und soll in Liverpool Spielpraxis und Selbstvertrauen sammeln.

Der andere Spieler ist Dele Alli (25). Der Engländer, der vor einigen Jahren noch als eines der vielversprechensten Talente des Landes galt, kam zunächst ablösefrei von den Tottenham Hotspur. Je mehr Spiele der Mittelfeldspieler für die Toffees absolviert, desto mehr Ablöse wird im Laufe seine bis 2024 laufenden Vertrags für ihn rückwirkend fällig. Der Betrag kann bis zu 40 Millionen ansteigen. Als die Transferphase in England bereits abgeschlossen war, verlieh Everton den dauerverletzten Jean-Philippe Gbamin (26) noch für die Rückrunde zu ZSKA Moskau.

Frank Lampard – Der richtige Trainer für den Abstiegskampf?

Am 16. Januar war es soweit, Benitez wurde bei Everton entlassen. Dies war aufgrund der Ergebnisse folgerichtig, auch wenn er nur bedingt etwas für diese konnte. Als Nachfolger wurde Ende Januar Frank Lampard (43) vorgestellt. Es ist erst die dritte Trainerstation des Engländers. Er begann 2018 seine Trainerlaufbahn, als er mit Derby County einen durchaus überraschenden sechsten Tabellenplatz in der zweiten englischen Liga erreichte. Nach nur einer Saison wechselte er zum Chelsea FC.

Als Spieler verbrachte Lampard 13 Jahre bei den Blues, in denen er ebenso viele Titel gewinnen konnte, darunter drei Meisterschaften und 2012 die Champions League. Obwohl Lampard als Vereinslegende deutliche Vorschusslorbeeren bei Fans und Verantwortlichen genoss und in der ersten Saison trotz Transfersperre durchaus gute Arbeit leistete, wurde er nach eineinhalb Jahren entlassen. Nun ist er also bei den Toffees als Übungsleiter verantwortlich.

Taktisch ist Lampard sehr flexibel. In den zehn Ligaspielen unter ihm agierten die Toffees bereits in drei verschiedenen Systemen. Zweimal kam das 3-4-3 zum Einsatz, zweimal das 4-4-2 und sechsmal das 4-3-3. Dabei passt sich Lampard auch gerne des Stärken und Schwächen seiner Gegner an. Da letzteres am besten funktioniert, dürfte auch am Samstag am ehesten mit einer Spiegelung des Liverpool-Systems gerechnet werden.

Der Spielansatz hat sich unter Lampard deutlich gewandelt. Everton agiert deutlich aggressiver gegen den Ball, versucht durchaus auch eingene Ballbesitzphasen zu schaffen. Im Gegenpressing sieht man einige vielversprechende Ansätze, vor allem Stürmer Richarlison (24) gehört hier zu den besten Spielern der Liga. Auch an den erzielten Toren lässt sich dieser Trend ableiten. Drei Tore durch schnelle Gegenangriffe sind ligaweit der sechstbeste Wert und für eine Mannschaft aus dem unteren Drittel eine starke Zahl.

Rettet der Sieg gegen United den Klassenverbleib?

Als Lampard übernahm, stand Everton mit vier Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz auf Rang 15. Seither ist es eher noch schlimmer als besser geworden. In elf Ligaspielen reichte es bisher nur zu drei Siegen und zehn Punkten. Da der Burnley FC zuletzt ordentlich punktete, ist Everton inzwischen nur noch einen Punkt vor den Abstiegsrängen.

Die drei Siege konnten allesamt zu Hause eingefahren werden, gegen Leeds United (3:0), Newcastle United (1:0) und zuletzt gegen Manchester United (1:0). Dieser letzte, durchaus überraschende Erfolg gegen die Red Devils war so nicht eingeplant und könnte dem Team einen – auch zwingend notwendigen – Schub Richtung Klassenerhalt geben. Am Donnerstag gab es zudem ein durchaus überzeugendes 1:1 gegen Leicester City, man war über weite Strecken die dominante Mannschaft.

Dennoch sieht es aktuell überhaupt nicht gut aus, das Restprogramm spricht klar gegen die Toffees. Es geht noch zu Hause gegen den Chelsea FC, nach Leicester und zum Arsenal FC. Realistisch bleiben daher nur noch drei Spiele, in denen man punkten kann. Burnley hat diesbezüglich deutlich mehr Möglichkeiten und durch den Trainerwechsel auch einen klaren Boost. Die Option, den Trainer noch ein zweites Mal in dieser Saison zu wechseln, erscheint bei Everton auch als durchaus realistisch.

Prognose

Everton wird versuchen, dem LFC das Leben durch Aggressivität und gute Arbeit gegen den Ball so schwer wie möglich zu machen. Offensiv ist wenig von der Mannschaft zu erwarten, hier verlässt sie sich sehr auf Einzelaktionen. Geht es jedoch mal mannschaftlich geschlossen nach vorne, sind vor allem die offensiven Außenverteidiger zu beachten, die sehr starke Flanken schlagen können.

Defensiv ist die Kombination aus kleinen, zweikampfstarken und wendigen Sechsern und den beiden kantigen Innenverteidigern nur schwer zu überwinden. Am besten funktioniert dies wohl, wenn man die eigenen Angreifer mit hohen Bällen schickt, bevor das Abwehrbollwerk sich formiert hat. Trotz der großen Innenverteidiger ist Everton zudem anfällig bei ruhenden Bällen, bereits 13 Gegentore resultierten daraus.


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Was ein klarer Vorteil für die Reds sein dürfte ist die Tatsache, dass das Spiel in Anfield stattfindet. Everton ist in dieser Saison die mit Abstand schlechteste Auswärtsmannschaft. In 15 Spielen konnten die Toffees auf fremden Platz nur sechs Punkte holen. Der einzige Auswärtssieg datiert vom dritten Spieltag in Brighton (2:0), einer Zeit, als Everton mit zehn Punkten aus vier Spielen in die Saison startete und wie ein legitimer Europapokal-Anwärter aussah. Auch zwei der drei weiteren Punkte erzielte die Mannschaft in den ersten sieben Spielen. In diesem Kalenderjahr und entsprechend auch unter Lampard ist man auswärts noch gänzlich ohne Punkt.