Analyse │ Am Sonntag geht es für den Liverpool FC im Topspiel des 18. Spieltags der Premier League nach London zu den Tottenham Hotspur.

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Seit Mauricio Pochettino (49) aus den Spurs einen legitimen Anwärter auf die ersten vier Plätze und einen Champions-League-Finalisten geformt hat, ist viel Zeit vergangen. In den letzten zwei Jahren kamen und gingen José Mourinho (58) und Nuno Espírito Santo (47), seit Anfang November ist nun Antonio Conte (52) Trainer der Spurs.

Antonio Conte – Klappt es auch bei den Spurs?

Conte dirigiert

Als die Spurs im November Conte als neuen Trainer vorstellten, war dies durchaus eine Überraschung. Einen solchen Weltklasse-Trainer bekommt man normalerweise nicht mitten unter der Saison, vor allem, wenn absehbar ist, dass auch Manchester United zeitnah einen neuen Übungsleiter benötigen würde.

Dass Conte einer der besten Trainer der Welt ist, dürfte unumstritten sein. Zu stark lieferten seine Mannschaften in den letzten zehn Jahren ab, um etwas anderes zu behaupten. Seine erste große Trainerstation war Juventus Turin. Er führte die Mannschaft, die nach dem Zwangsabstieg kurz zuvor noch nicht wieder in der italienischen Elite angekommen war, dorthin zurück, holte zwei Meisterschaften und legte den Grundstein für die folgende nationale Dominanz der alten Dame.

Anschließend übernahm er die italienische Nationalmannschaft. Auch hier zeigte Conte, was in ihm steckte. Eine personell deutlich von der Weltspitze entfernte Mannschaft führte er 2016 nach einem Sieg gegen Spanien (2:0) ins Viertelfinale der EM, in dem man erst im Elfmeterschießen an Deutschland scheiterte (6:7). Trotz des Erfolgs zog es Conte zurück zum Vereinsfußball. In jeweils zwei Jahren im Verein führte er zunächst den Chelsea FC (2016/17), dann Inter Mailand (2020/21) zur Meisterschaft. In Italien brach er somit die neun Jahre andauernde Meisterserie von Juve.

Conte gilt nicht als leichtester Charakter. Er verlangt seinen Spielern alles ab und von seinen Vereinen volle Entscheidungsgewalt in Sachen Kaderplanung. Außerdem benötigt er durchaus große finanzielle Mittel und gilt nicht gerade als Talentförderer. Lieber lässt er Ü30-Spieler spielen, deren Leistungsfähigkeit er kennt. Es wird spannend zu sehen sein, wie er mit seiner Art mit dem Chairman Daniel Levy (59) klarkommen wird, der nicht gerade als spendabel gilt und bei Transfers gerne das letzte Wort hat.

Starke Spieler aus dem Ausland geholt

Cristian Romero

Im Sommer sahen sich die Spurs ausschließlich auf dem internationalen Markt um. Dabei wurden die Problemzonen adressiert. Für die Innenverteidigung kam der zur letzten Saison zum besten Verteidiger der Serie A gewählte Cristian Romero (23) per Leihe mit Kaufpflicht über 55 Millionen Euro von Atalanta Bergamo. Emerson Royal (22) wurde für 25 Millionen vom FC Barcelona geholt und soll die vakante Rechtsverteidiger-Position auf hohem Niveau bekleiden.

Dazu konnte man mit Bryan Gil (20) ein aufstrebendes Talent aus der spanischen Liga für sich gewinnen. Pierluigi Gollini (26) verpflichtete man als neuen Ersatztorwart. Der Italiener ist geliehen, die Spurs besitzen eine Kaufoption. Pape Sarr (18), ein hochtalentierter zentraler Mittelfeldspieler, wurde nach seiner Verpflichtung direkt an seinen Ausbildungsverein FC Metz zurück verliehen.

Auf der Abgabenseite tat sich ebenfalls einiges. Der Kader wurde ordentlich ausgemistet. So verließen mit Serge Aurier (28), Moussa Sissoko (32), Joe Hart (34), Erik Lamela (29), Danny Rose (30) und Paulo Gazzaniga (29) etliche Spieler den Verein, die keine Rolle in den Planungen spielten. Dazu zog der FC Villarreal die Kaufoption für Juan Foyth (23), der Verteidiger blieb für 15 Millionen in Spanien. Der einzige nennenswerte Abgang war der von Abwehrchef Toby Alderweireld (32). Den Belgier zog es nach Katar.

Das Problem an allen Neuzugängen ist, dass sie sich erst noch an die Premier League gewöhnen müssen. Vor allem Emerson hat noch große Probleme. Gil ist zwar talentiert, jedoch hat er noch nicht das Niveau für dauerhafte Spielzeit und Romero ist bisher mehr verletzt als fit, wird auch für das Spiel am Sonntag ausfallen. Insgesamt machten die Spurs nur ein Transferminus von 35 Millionen Euro, das aufgrund der Kaufpflicht bei Romero jedoch noch auf 90 Millionen anwachsen wird.

Neues System kommt den Spielern entgegen

Nachdem Espirito Santo zu Saisonbeginn ein System mit Viererkette spielen gelassen hatte, ist man unter Conte zu dem für ihn typischen 3-4-2-1 übergegangen. Dieses System passt auch deutlich besser zu den vorhandenen Spielern. Vor allem die Außenverteidiger blühen in ihren offensiveren Rollen sichtlich auf. Linksverteidiger Sergio Reguilon (24) konnte in vier Spielen bereits zwei Torbeteiligungen beisteuern, auch Emerson spielte deutlich verbessert.

Drei weitere Spieler, denen das neue System guttut, sind Ben Davies (28), Eric Dier (27) und Heung-Min Son (29). Davies kann als linker Part der Dreierabwehr seine Stärken perfekt zur Geltung bringen. Der Waliser ist in der Viererkette als Innenverteidiger nicht zweikampf- und kopfballstark genug, als Außenverteidiger zu offensivschwach. Dier steht die Rolle des zentralen Mannes in der Dreierkette ebenso gut. Und Son sieht man deutlich an, dass er sich inzwischen zentral deutlich wohler fühlt als auf dem Flügel.

Der einzige Spieler, der auch unter Conte noch nicht in der neuen Saison angekommen ist, ist Harry Kane (28). Der Stürmerstar wollte im Sommer unbedingt den Verein verlassen, kam sogar eine Woche zu spät aus dem Urlaub zurück. Quellen aus seinem Umfeld zufolge hätte ihm Chairman Levy im Sommer 2020 die Zusage gegeben, den Verein bei einem passenden Angebot zu verlassen. Offenbar hatten jedoch beide Seiten unterschiedliche Vorstellungen, was ein „passendes Angebot“ ist. Und so musste Kane bleiben.

In der aktuellen Saison steht der Stürmer bei nur acht Toren in 20 Spielen. Vor allem in der Premier League ist die Ausbeute ernüchternd, nur einen Treffer konnte er in 13 Partien erzielen, seine einzigen beiden Torbeteiligungen sammelte er gegen Newcastle United (3:2). Unter Conte steht er noch bei null Toren.

Kann man die Schwäche der Konkurrenz ausnutzen?

Tottenham jubelt

Seit Conte an der Seitenlinie steht, läuft es bei den Spurs wieder. Aus vier Spielen konnte man zehn Punkte holen, dabei kassierte die Mannschaft nur ein Gegentor. Die defensive Stabilität scheint also wieder da zu sein. Bitter für die Spurs ist, dass ausgerechnet in dieser guten Phase bereits drei Spiele verlegt werden mussten. Die Partie beim Burnley FC fiel einem Schneechaos zum Opfer, vor dem Spiel gegen Brighton & Hove Albion gab es bei den Spurs einen Corona-Ausbruch, vor dem Spiel gegen Leicester City hatte der Gegner zu viele positive Tests, um spielen zu können. Daher wurden auch diese Spiele abgesagt und werden nachgeholt. Das letzte Spiel Tottenhams liegt daher bereits 14 Tage zurück.


Spielernoten: Alexander-Arnold-Fackel besiegelt den Sieg gegen Newcastle

Spielbericht: Liverpool FC – Newcastle United (3:1)

Drei positive Corona-Tests: Weiter Unklarheit bei van Dijk und Co.


Dadurch, dass die Konkurrenz aktuell sehr unregelmäßig punktet, sind die Spurs nun wieder in Schlagdistanz zu Platz vier und damit der Champions-League-Qualifikation. Mit noch drei Spielen in der Hinterhand beträgt der Rückstand auf West Ham United nur noch drei Punkte.