Neben Jordan Henderson übt auch Jürgen Klopp heftige Kritik an den Plänen der FIFA die Weltmeisterschaft in kürzeren Abständen auszutragen.

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Geschrieben von André Völkel
Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten
Titelbild: Getty Images

In den letzten Monaten gab es zu Recht vielfältige Kritik an den Plänen der FIFA und regionalen Verbänden von Spielern und Trainer. Zu viele Wettbewerbe, zu wenig Regeneration, zu viel Fußball. Jürgen Klopp war in den letzten Jahren immer wieder ganz weit vorne, wenn es darum geht, die überfüllten Spielpläne der Verbände zu kritisieren.

Arsène Wenger, ehemaliger legendärer Trainer beim Arsenal FC, ist seit einigen Monaten auf Werbe-Tour. Fast unscheinbar als Muppet der FIFA verkleidet wirbt er für eine Weltmeisterschaft im Zweijahresrhythmus. Die Stimmen der Anzugträger werden immer lauter. Sie wollen mehr Einnahmen und mehr Ignoranz bei der Auswahl der skurrilen Austragungsorte und -Zeiten.

Klopp: „Es ist ihnen einfach egal!“

„Es ist ihnen einfach egal!“, sagt Jürgen Klopp. Und damit meint er das Wohlergehen der Spieler und Fans. Und er ist für die Reds nicht der einzige, der die Pläne kritisiert. Jordan Henderson sprach sich bereits für die Spieler des LFC vor Kurzem gegen mehr Spiele aus. „Es geht nur ums Geld!“, sagte er in einem Interview mit dem GQ-Magazin. „Die körperlichen Anforderungen an die Athleten sind heute einfach zu hoch, und ich habe das Gefühl, dass sich niemand wirklich um das Wohl der Spieler kümmert. Wenn mehr Spiele ausgetragen werden, geht es nur um Geld und Fernsehrechte, und ich sehe nicht wirklich die Notwendigkeit für eine weitere Weltmeisterschaft.“

Für Jürgen Klopp ist der Spielplan aktuell schon „unerbittlich“ ist. Die Spieler sind „die wichtigsten Bestandteile dieses wunderbaren Spiels“ und die aktuellen Pläne ignorieren das. Die Spieler sollen berechtigterweise im Mittelpunkt der Reformen stehen. Nicht das Geld.

Der Ursprung dieser Aussagen war das „Brasilien-Fiasko“ im September, bei dem es erhebliche Sicherheitsrisiken aufgrund der Pandemie gab. Die FIFA wollte daraufhin die Spieler sperren, die nicht reisen wollten. Ein weiterer großer Kritikpunkte, der oftmals von Fans angebracht wird – warum müssen mitten in einer Pandemie Freundschaftsspiele abgehalten werden?

Sind die Spieler nicht mehr wichtig?

„Es gibt keine andere Sportart mit einem so unerbittlichen Terminkalender“, sagte Klopp auf der Pressekonferenz. „Es gibt anspruchsvollere Sportarten auf der Welt, wie Leichtathletik und Marathonläufe, aber die laufen nicht 20, 30 oder 40 Mal im Jahr! [..] Wir alle wissen, warum das so ist! Mehr Mannschaften bei den Wettbewerben gibt verschiedenen Ländern eine Chance, deshalb gibt es zum Beispiel mehr Mannschaften bei der Weltmeisterschaft, aber letztendlich geht es nur um Geld, so ist das nun mal.“

„… Wir machen es nicht wegen des Geldes, sondern weil wir es lieben, aber natürlich bekommen wir auch eine Menge Geld. Aber irgendwann muss jemand anfangen zu verstehen, dass wir ohne die Spieler, die wichtigsten Bestandteile dieses wunderbaren Spiels, nicht spielen können. Wer auch immer meint, er sei wichtiger als die Spieler, sei es die FIFA, die UEFA, die Vorsitzenden, die Sportdirektoren, die Manager – niemand ist wichtiger als die Spieler!“

„Stellen Sie sich vor, es gäbe alle zwei Jahre eine Weltmeisterschaft, dann können wir zu 100 Prozent sicher sein, dass es auch alle zwei Jahre eine Europameisterschaft gibt. Das bedeutet für die Spitzenklasse, dass sie einfach jedes Jahr ein großes Turnier spielen. Jedes Jahr.“

Zu viel Sport für Spieler und Fans

Klopp trifft damit den Nagel auf den Kopf. Wer aktuell regelmäßig die Premier League schaut, merkt schon alleine an der Liga, wie körperlich anspruchsvoll die Spiele sind und wie wichtig jedes einzelne Spiel ist, um einen Titel zu holen. Keine Verschnaufpause. Wer dann noch als Fan einem Team folgt, dass im Ligapokal und FA-Cup spielt und vielleicht sogar noch europäisch etwas erfolgreicher ist, kommt gerne schnell auf 60 Spiele in 10 Monaten.

Für die Fans ist so ein Spielplan aktuell nicht nur teuer, wenn sie das Team auch gerne einmal live erleben wollen, sondern auch anstrengend und zeitintensiv. Gerne wird die Diskussion verschoben, wenn die Argumentation um das Wohlergehen der Spieler geht. „Sie verdienen ja dafür auch viel Geld“, heißt es da gerne. Aber genau das ist das Problem, welches auch Klopp noch einmal anspricht: Für die Spieler bedeutet das eine extrem hohe Belastung, die nicht jeder Spieler lange durchhalten wird. Die Spieler haben alle nur eine „Sportler-Karriere“. Und die ist meist Anfang-Mitte 30 auf dem Niveau mittlerweile vorbei.

FIFA: „Wir wollen weniger bedeutungslose Spiele“

Alle Reformen und Ideen der letzten Jahre, die von der UEFA und der FIFA kamen, waren nur auf mehr Spiele und mehr Einnahmen fokussiert. Man wolle „weniger bedeutungslose Spiele“.

Wer so etwas sagt, versteht weder den Fußball an sich, noch die Magie dieses Sports. Die liegt nicht darin, jedes Wochenende ein Spiel um einen Titel zu haben. Die inflationären Anzahl an Spielen machen viele Einzelspiele uninteressant. Genauso wie mehr Wettbewerbe in kürzeren Zeiträumen. Eine WM alle zwei Jahre, eine EM alle zwei Jahre, jedes Jahr die Klubweltmeisterschaft (mitten in der Saison!) – das kann alles nicht gut gehen!

Und wenn es „nur“ um die Wettbewerbe und Titel ginge, erhöht sich auch der mentale Druck auf alle in diesem Sport, es bleibt kaum Zeit für Vorbereitungen und es gibt weniger Pausen.

Klopp: Verbände müssen bald mal an das Spiel denken!

„Das ist nicht richtig, auf lange Sicht sicher nicht.“ ärgert sich Klopp über die Zustände. „Wir haben sehr oft darüber gesprochen, ich sage immer das Gleiche, aber es ist offensichtlich nicht wichtig, was ich sage, weil niemand zuhört. Es ist ihnen egal, es ist ihnen einfach egal. Es gibt nur ein Hauptinteresse und alles andere ist uninteressant.“

„Es muss ein Punkt kommen, an dem die FIFA, die UEFA und die anderen Konföderationen anfangen, an das Spiel zu denken und nicht nur an ihren Nutzen. Ich bin schon 54 und ich bin mir nicht sicher, ob ich noch lebe, wenn das passiert.“

Arsène Wenger soll sich nach Aussagen von Virgil Van Dijk mit dem Liverpool-Team treffen, um die möglichen Pläne zu besprechen. Es wäre ein Anfang, denn zumindest wäre es eine Geste, dass man sich die Meinung der Spieler einholt. Virgil Van Dijk und sicherlich auch der Rest der Reds werden sich natürlich gegen diese Pläne mit guten Argumenten aussprechen.

Mitte November trafen sich die Interessenvertreter der Premier League in London. An der Tagesordnung auch die Pläne der FIFA. Für die Premier-League-Vereine ist der Fall auch klar. Die Liga wolle keine „radikalen Änderungen am Spielplan“. Man sei wie immer „offen für Reformen und neue Ideen.“ Im Statement heißt es aber auch: „Wir werden weiterhin mit Fangruppen, Spielern, nationalen und internationalen Interessengruppen zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden, die im besten Interesse der langfristigen Zukunft des Fußballs sind.“

Viel Luft und Freiraum natürlich. Aber die auch hier bildet sich Widerstand. Solange sich aber nicht auch die Fans laut und organisiert gegen die neuen Pläne stellen, wird sich sicherlich nichts an der Situation oder dem Wandel ändern. Steigende Trikotverkäufe, steigende Ticketpreise, weiterhin volle Stadien, hohe Einschaltquoten bei z.B. FIFA-Wettbewerben geben doch den Anzugträgern recht. Ein Banner im Stadion wird da auf Dauer auch nichts ausrichten.


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Ebenso wenig wird ein kleiner Walk-Out zu einer bestimmten Minuten funktionieren. Vielleicht auf Klub-Ebene. Wir werden wohl Spieler und Trainer noch öfter meckern hören und Spieler an ihre Leistungsgrenzen gehen sehen. Wirklich viel wird sich leider unter den aktuellen Gegebenheiten nicht zum Besseren ändern. Es sei denn, die Fans nutzen zum Beispiel die kommenden Monate und das Turnier in Katar, um ihren Unmut deutlich auszudrücken.