Jürgen Klopp verriet in der letzten Pressekonferenz zum Topspiel gegen Manchester City, dass 99% seiner Spieler und Mitarbeiter geimpft seien. Er stellt bei dieser Entscheidung wie immer eine wunderbare Parallele zu anderen Situationen im Leben her. Seine Aussagen stoßen allerdings bei einigen Menschen auf Kritik.

Um die Aussagen von Jürgen Klopp über die Impfung zu verstehen, muss man zunächst einmal genau verstehen, was der Trainer überhaupt gesagt hat und im welchen Kontext diese gemeint sind.

Vor der Pressekonferenz am Freitag wurde bekannt, dass Großbritannien die Quarantänebestimmungen für Spieler verändert. Für Nationalspieler, die in England spielen gelten nun Ausnahmeregelungen, wenn sie aus einem Land zurückreisen, welches auf der roten Listen Großbritanniens ist. Die Spieler müssen nun doppelt geimpft sein.

Die Brasilianer Fabinho und Alisson reisen in der Länderspielpause wieder nach Südamerika und wären danach ohne die Ausnahmeregelung dazu gezwungen sich für 10 Tage in Quarantäne zu begeben.

99% beim Liverpool FC sind geimpft

Klopp verriet auf die Frage, wie es um die Liverpool-Spieler steht, mit einer klaren Aussage, dass „99% der Spieler und Mitarbeiter“ geimpft seien und erklärt seine Haltung und die des Teams. „Ich musste die Spieler nicht überzeugen, es war eher eine natürliche Entscheidung der Mannschaft.“ Eine beruhigende Aussage, wenn man den Berichten aus Premier League über eine geringe Impfquote betrachtet.

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mit einem Spieler persönlich gesprochen und ihm erklärt hätte, warum er sich impfen lassen sollte,“ furh Klopp fort. „Denn ich bin kein Arzt. Was ich geben würde, wie ich es auch in vielen anderen Situationen tue, ist mein Rat. Aber das war nicht nötig.“

Und damit trifft Klopp einen Nerv. Nicht nur in Deutschland, insbesondere aber in Großbritannien ist die soziale und politische Gesellschaft immer mehr gespalten. Ein Grund dafür ist sicherlich das Brexit-Votum, der dadurch weiter aufkeimende Nationalismus und die fatalen negativen Folgen für die Menschen und die Wirtschaft. Debatten über Lösungen und Wege aus der Krise und insbesondere der Pandemie sind feindseliger, destruktiver und gespaltener, wie je zuvor.

Diesen Kontext muss man verstehen, um Jürgen Klopps weiteren Aussagen zu verstehen. „Im Allgemeinen hört es sich so an, als dürften wir den Menschen keine Ratschläge mehr geben! Woher habe ich das Wissen, dass es sinnvoll ist, sich impfen zu lassen? Ich habe Ärzte angerufen, die ich seit Jahren kenne.“

Klopp: Warum dürfen wir keine Ratschläge mehr geben?

„So arbeite ich normalerweise: Wenn man etwas nicht weiß, ruft man einen Spezialisten an. Die Leute sagen einem dann: ‚Aus meiner Sicht würde ich Ihnen dies oder jenes empfehlen‘. Deshalb habe ich mich natürlich auch impfen lassen. Ich bin in einer Altersgruppe, in der [eine Erkrankung] offensichtlich nicht mehr so einfach ist, und ich war wirklich froh, als ich sie [die Impfung] bekommen habe.“

„Ich verstehe das nicht.“ fuhr Klopp vor. „Vielleicht bin ich ein bisschen naiv, aber ich verstehe nicht zu 100 Prozent, warum wir keine Ratschläge geben dürfen? Wenn ich sage: ‚Ich bin geimpft‘, sagen andere Leute: ‚Wie kannst du sagen, dass du geimpft bist? Wie kannst du mir sagen, dass ich geimpft werden sollte?“

Mit dieser Aussage trifft er den Kern einiger Diskussionen in der aktuellen Lage. Allerdings nutzt Klopp dann eine Analogie, um seinen Aussagen zu verdeutlichen, die bei einigen auf Social Media direkt nicht gut ankommt: „Ich erkläre das für mich ein bisschen wie Alkohol am Steuer. Wir alle waren wahrscheinlich schon einmal in der Situation, dass wir ein oder zwei Bier getrunken haben und dachten, wir könnten noch fahren. Aber nach dem Gesetz dürfen wir nicht fahren. Dieses Gesetz ist nicht dazu da, mich zu schützen, wenn ich zwei Bier trinke und fahre, sondern es ist vor allem dazu da, alle anderen Menschen zu schützen, weil ich betrunken oder sogar besoffen bin und ein Auto fahren will. Und das akzeptieren wir als Gesetz. Wir alle wissen also, dass Alkohol schlecht für unseren Körper ist. Aber wir trinken ihn trotzdem. Er ist nicht gut für unseren Körper, aber wir trinken ihn trotzdem.“

„Bei der Impfung gehen wir davon aus, dass sie nicht gut für unseren Körper ist, obwohl alle Fachleute – oder zumindest ein Großteil – da draußen sagen, dass die Impfung die Lösung für die Situation in diesem Moment ist. Das ist bei mir genau dasselbe. Ich lasse mich nicht nur impfen, um mich zu schützen, sondern um alle Menschen um mich herum zu schützen.“

Geht Klopp einen Schritt zu weit?

Es sind natürlich kontroverse Aussagen und ein heikles Thema, vor dem der Boss jedoch auch dieses Mal nicht zurückschreckt. Vor allem für Gegner der Impfung, Leugner und grundsätzliche Klopp-Hasser ist dies natürlich wieder ein gefundenes Fressen. Kurz nachdem die ersten Artikel zu den Aussagen veröffentlicht wurden, fanden sich schon sehr engstirnige und teils sehr fragwürdige Kritik an den Aussagen.

Klopps Äußerungen und seine Analogie haben sicherlich an einigen Stellen Angriffsfläche. Vor allem, wenn eventuell neue Studien eine höhere Viruslast bei Geimpften vollkommen  bestätigen sollte. Jedoch bleibt der Kern der Aussage bestehen! In jeglichem Kontext.

Die Impfung und die Maßnahmen werden als „Einschränkung der Freiheit“ angesehen. Jedoch sind sie genau das Gegenteil. Die Freiheit jedes Einzelnen hört dort auf, wo sie die Freiheit eines anderen einschränkt. Nicht nur bei Alkohol am Steuer, bei Kontaktbeschränkungen, Pandemie-bedingte Maßnahmen oder der Impfung.

Die Aussagen von Klopp sind sicherlich für einige schwierig, denn sie setzen voraus, dass man diese einmal reflektieren muss und in den Kontext setzen sollte – sowohl beim Liverpool FC, in der Premier League, der Nationalmannschaft, aber auch gesellschaftlich. Da allerdings gerne Fakten verzerrt und Relativierungen bevorzugt werden und Ängste genährt werden, ohne den global-gesellschaftlichen Kontext zu betrachten, werden hier die Aussagen sicherlich ein gefundenes Fressen sein für all die, die gerne noch nicht die Zusammenhänge verstehen.

Klopp zeigt mit seinen Aussagen wieder einmal, wie wichtig es ist, sich als Person des öffentlichen Lebens zu kontroversen Themen reflektiert und besonnen zu äußern. Wer hier allerdings wieder einmal einen Trainer mit dem Argument „Schuster, bleib bei deinem Leisten“ kritisiert, hat weitaus größere Probleme, als die Aussagen von Jürgen Klopp zu verstehen.

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Weiterführende Links:

RKI – COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)

Bundesregierung – Fakten und Falschmeldungen

RKI – Kurz und Knapp, Faktenblätter zum Impfen: COVID-19-Impfung

Correctiv – Corona-Impfung: Die häufigsten Behauptungen im Faktencheck

Sozialministerium – Gerüchte und Fakten zur Impfung