Gegneranalyse │ Am Sonntag reist der Liverpool FC zum Topspiel des 21. Spieltags der Premier League nach London und trifft auf West Ham United.

Die Gegneranalyse der Redmen Family geschrieben von Lukas Heigl.
Durchschnittliche Lesedauer: 7 Minuten

Die Hammers spielen eine starke Saison. Der Kurswechsel weg von teuren Namen hin zu passenden Spielern scheint sich auszuzahlen. Diese Investitionen, die sich in den letzten fünf Jahren auf sagenhafte 440 Millionen Euro beliefen, waren aber zumeist nicht allzu durchdacht. Oft kauften die Hammers mehr nach Namen als nach Qualität ein. Dazu steckte man viel zu viel Geld in die Offensive und zu wenig in die Defensive. Das änderte sich in der aktuellen Saison deutlich.

Keine verrückten Dinge auf dem Transfermarkt

Im Sommer wurde Tomáš Souček (25), der tschechische Mittelfeldspieler fest verpflichtet. Mit Vladimir Coufal (28) holten die Hammers einen neuen Rechtsverteidiger vom selben Verein – Slavia Prag. Von Watford wurde mit Craig Dawson (30) noch ein erfahrener Innenverteidiger ausgeliehen. Saïd Benrahma (25) kam ebenfalls leihweise vom Brentford FC.

(Photo by JOHN WALTON/POOL/AFP via Getty Images)

Abgegeben wurden ausschließlich Ersatzspieler. Allerdings finden sich auch hier ehemals große Namen wie Jack Wilshere (28) und Pablo Zabaleta (35). Felipe Anderson (27) wurde zum FC Porto verliehen. Dadurch spart man sich eine Menge Gehaltskosten für Spieler, die eigentlich keine Rolle mehr gespielt haben. Grady Diangana (22) wurde nach seiner Leihe fest an West Bromwich Albion verkauft. Dies löste bei den Fans und auch den Spielern einigen Unmut aus, ist der junge Flügelspieler doch aus der eigenen Jugend und wird gemeinhin als äußerst talentiert angesehen.

Transferplus dank Haller-Abgang

Im Winter versuchte man vor allem, das Stürmerproblem zu lösen. Sebastian Haller (26), erst vor 18 Monaten aus Frankfurt gekommen, konnte sich nie wirklich in die Mannschaft integrieren. Der Franzose wurde an Ajax Amsterdam abgegeben, mit einem Verlust von fast 30 Millionen Euro. Nach einem Nachfolger wird noch gesucht.

Als zusätzliche Option für die offensiven Positionen lieh man Jesse Lingard (28) für ein halbes Jahr von Manchester United aus. Um dieses Leihgeschäft abschließen zu können, musste man zunächst Benrahmas Kaufpflicht bereits im Winter auslösen, da es in der Premier League nicht erlaubt ist, mehr als zwei Spieler von in England spielenden Vereinen zu leihen.

Bollwerk mit kreativen Elementen

Zu Beginn der Saison spielten die Hammers in einem sehr kompakten 5-4-1. Hierbei rückte Aaron Cresswell (30), ein gelernter Linksverteidiger, als dritter Innenverteidiger ins Zentrum und übernahm die Rolle des Aufbauspielers. Arthur Masuaku (26) kam als linker Außenverteidiger zusätzlich in die Mannschaft und komplettierte die Fünferkette. Nach dem elften Spieltag verletzte sich Masuaku jedoch schwer am Knie und fällt wohl den Rest der Saison aus. Dadurch musste Trainer David Moyes (57) zur Viererkette in einem 4-2-3-1 zurückkehren. Vor dieser Viererkette sichern die beiden groß gewachsenen, zweikampfstarken, aber durchaus auch fußballerisch begabten Souček und Declan Rice (21) ab.

Vor allem Souček  schaltet sich auch immer wieder in den Angriff mit ein. Der wohl kopfballstärkste Spieler der Liga kommt bereits auf sieben Saisontreffer, der Tscheche ist somit der Toptorjäger der Hammers. Auf den Außen spielen zwei inverse Flügelspieler, das heißt, ein Linksfuß spielt auf der rechten Seite und ein Rechtsfuß auf der linken Seite. Namentlich sind die beiden Spieler Pablo Fornals (24) und Jarrod Bowen (24). Zwischen ihnen agiert zumeist Benrahma als Zehner. Dem Algerier kommt das neue System extrem zugute, zu Beginn der Saison kam er nämlich kaum einmal zum Einsatz. Gegen offensiv starke Mannschaften übernimmt auch gerne einmal Kapitän Mark Noble (33) die Rolle des offensivsten Mittelfeldspielers.

David Moyes – Vom Retter zur Dauerlösung?

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Moyes kam nach 19 Monaten ohne Trainerjob am 29. Dezember 2019 zu West Ham United zurück. Hier war er bereits in der Saison 2017/18 beschäftigt mit dem Ziel, den Abstieg zu verhindern. Nachdem ihm das gelungen war, ging man getrennte Wege. Der Schotte hatte sich vor allem beim Everton FC einen Namen gemacht, wo er elf sehr erfolgreiche Jahre verbracht hat. Auch einen Namen gemacht hat er sich bei Manchester United. Allerdings einen eher unrühmlichen. Als Nachfolger von Sir Alex Ferguson enttäuschte er auf ganzer Linie und wurde bereits in seiner ersten Saison wieder entlassen.

Auch die Stationen nach Manchester verliefen alles andere als gut. Das Engagement bei West Ham kam daher eher überraschend. Nach dem geglückten Klassenerhalt gingen nicht wenige Experten davon aus, dass man sich zur neuen Saison auf dem Trainermarkt umsehen würde. Doch man hielt an Moyes fest. Wie es scheint, war das durchaus die richtige Entscheidung.

Declan Rice – Wann kommt der nächste Schritt?

Declan Rice (22) hat einen durchaus interessanten Werdegang hinter sich. Als Innenverteidiger kam er in die Liga und etablierte sich dort mit gerade einmal 19 Jahren als Stammspieler bei West Ham. Als es dann daran ging, seinen Vertrag zu verlängern, teilte Rice dem Verein mit, er würde dies nur tun, wenn man ihm zusichere, in Zukunft im zentralen Mittelfeld auflaufen zu können. Um ihren Rohdiamanten nicht zu verlieren, stimmten die Hammers zu.

(Photo by Alex Pantling/Getty Images)

Anfangs wurde Rice ob seiner geringen spielerischen Qualität belächelt. Doch im Laufe der Zeit entwickelte sich der Youngster immer mehr zu einem der besten Sechser der kompletten Liga und ist inzwischen auch spielerisch ein durchaus fähiger Mann. Nicht umsonst wird Rice immer wieder mit seinem Jugendverein Chelsea FC in Verbindung gebracht, von dem er 2013 zu West Ham gewechselt war. Im vergangenen Sommer hätte es eigentlich so weit sein sollen, doch die Blues waren von der sehr hohen Ablöseforderung West Hams abgeschreckt.

Auch seine Nationalmannschaftskarriere ist durchaus spannend. Von der U17 an spielte Rice für die irischen Jugendauswahl. 2018 machte er sogar drei Länderspiele für die irische Nationalmannschaft. Da es sich hierbei jedoch ausschließlich um Freundschaftsspiele handelte, konnte Rice sich 2019 noch umentscheiden und zum englischen Verband wechseln. Dort kommt er seit März 2019 auf zehn Länderspiele.

Kaum Punkte gegen die Großen

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Die Saison der Hammers lässt sich recht einfach zusammenfassen: Gegen Topmannschaften holt man kaum Punkte, gegen kleine Mannschaften gibt man nur äußerst wenige ab. Gegen die „Big Six“ konnten die Hammers in sechs Spielen nur zwei Punkte holen. Dafür gab es gegen die Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte in zehn Spielen starke 23 Punkte bei lediglich einer Niederlage. Da man in den letzten sechs Spielen eher gegen schwächere Gegner spielte, gab es dementsprechend 14 Punkte aus diesen Spielen. Diese starke Ausbeute gegen kleine Mannschaften sorgt dafür, dass die Hammers sich im Dunstkreis der internationalen Plätze befinden.

Prognose

Die Reds sollten vor allem die Standards von Souček im Auge behalten. Aus dem Spiel entfachen die Hammers nicht sonderlich viel Gefahr. Defensiv kann man vor allem die Außenbahnen immer wieder attackieren, denn Coufal ist sehr offensiv eingestellt und lässt immer wieder Lücken hinter sich entstehen. Cresswell ist nicht der schnellste und beide Flügelspieler sind nicht gerade für ihre Defensivarbeit bekannt. Zentral hingegen ist gegen West Ham kaum ein Durchkommen, zu stark sind Rice, Souček und beide Innenverteidiger.