Analyse │ Am Sonntag zu später Stunde empfängt der Liverpool FC am elften Spieltag der Premier League die Wolverhampton Wanderers. Die Gegneranalyse der Redmen Family.

Die Gäste aus den West Midlands sind erneut im Kampf um die europäischen Plätze mit dabei. Das Spiel am Sonntag bedeutet für Angreifer Diogo Jota (24) ein Wiedersehen mit seinem alten Club. Insgesamt drei Jahre verbrachte der Portugiese bei den Wolverhampton Wanderers. Deshalb dürfte er Trainer Jürgen Klopp (53) einiges über den kommenden Gegner berichten können.

Im ersten Jahr nach dem Aufstieg konnte man sich direkt für Europa qualifizieren. Auch in der vergangenen Saison spielte man eine gute Rolle, wurde erneut Siebter. Dieses Mal reichte es jedoch nicht für die erneute Qualifikation für die Europa League, da Arsenal FC als nicht über die Liga für Europa qualifiziertes Team den FA-Cup gewinnen konnte.

Viele Talente und ein Star für die Wolverhampton Wanderers

Bereits im vergangenen Winter verpflichteten die Wanderers Daniel Podence (25) von Olympiakos Piräus. Fast 20 Millionen ließ man sich den offensiv vielseitig einsetzbaren Portugiesen kosten. Im Sommer wurde an der grundsätzlichen Struktur des Kaders wenig verändert. Da Linksverteidiger Jonny Otto (26) sich Ende letzte Saison schwer verletzte und sein Backup Ruben Vinagre (21) nicht zu überzeugen wusste, wurde Vinagre nach Griechenland abgegeben. Dafür kamen mit Marcal (31, für zwei Millionen aus Lyon) und Rayan Ait Nouri (19, per Leihe aus Angers) zwei neue Linksverteidiger. Marcal hat zudem den Vorteil, dass er auch als linker Innenverteidiger in einer Dreierkette agieren kann. Auf dieser Position zog er als Stammspieler mit Olympique Lyon bis ins Halbfinale der Champions League ein.

(Photo by Alex Pantling/Getty Images)

Da sich Rechtsverteidiger Matt Doherty (28) den Tottenham Hotspur anschloss, musste hier nachgebessert werden. Ersatz fand Executive Chairman Jeff Shi in Nelson Semedo (26). Der Portugiese kam für 30 Millionen vom FC Barcelona. Ein echter Coup, war Semedo bei Barcelona doch Stammspieler. Ebenfalls für Aufsehen sorgte die Verpflichtung von Fabio Silva (18). Der junge und hochtalentierte Angreifer kam für stolze 40 Millionen Euro vom FC Porto und ist somit der neue Rekordeinkauf der Wolves. Besonders bemerkenswert ist die Höhe der Ablöse, wenn man bedenkt, dass Silva in Portugal nur knapp 500 Minuten Spielzeit im Profiteam sammeln konnte.

Abgegeben wurden neben den angesprochenen Vinagre und Doherty noch Helder Costa, Ryan Bennett und Diogo Jota. Costa wurde nach einer Leihe fest von Leeds United verpflichtet, Bennet ging in die zweite Liga zu Swansea City und Jota nach Liverpool. Insgesamt machten die Wolves auf dem Transfermarkt ein Minus von knapp zwei Millionen Euro. Man kann also durchaus von einem gelungenen Transferfenster reden, da Semedo ein deutliches Upgrade zu Doherty darstellt, man ansonsten nur Ersatzspieler abgab und in Silva einen Stürmer dazu bekam, der auf Sicht zu einem der besten auf seiner Position werden könnte.

Nuno Espirito Santo – Mehr als nur ein Motivator

Der ehemalige Torwart, der als Ersatztorhüter unter Jose Mourinho die Champions League mit dem FC Porto gewinnen konnte, setzte anfangs seine Karriere als Torwarttrainer fort. Da er bereits in dieser Zeit für einen Torwarttrainer großen Einfluss auf die taktische Ausrichtung seiner Teams nahm und vor allem auch für die Ansprachen vor dem Spiel verantwortlich war, bekam er 2012 zum ersten Mal die Chance, als Cheftrainer zu arbeiten. 2017 übernahm er schließlich die Wolves und führte sie direkt in seinem ersten Jahr in die Premier League.

(Photo by Clive Mason/Getty Images)

Er gilt als Trainer, der sehr auf die defensive Stabilität Wert legt. So ließ sich lange Zeit unter ihm auch an den drei Innenverteidigern nicht rütteln. Selbst wenn der ein oder andere Innenverteidiger ausfiel, ließ er lieber gelernte Mittelfeldspieler hinten spielen, als sein System umzustellen. So stellte man in der ersten Saison die viertbeste und im zweiten Jahr die füntbeste Abwehr der Premier League.

Neues System oder zurück zum alten?

In den letzten drei Jahren war die Frage nach dem System bei den Wolves einfach zu beantworten. Man spielte immer mit drei Innenverteidigern, die einzige Frage, die sich stellte, war ob es zwei oder drei Stürmer sein würden. Doch das ist nun anders. Da der aus der Liverpooler Jugend stammende Kapitän Conor Coady (27) im vorletzten Spiel erstmals nach über 100 Ligaspielen wieder ausfiel, stellte man gegen Southampton FC (1:1) auf ein 4-3-3 um. Dies funktionierte recht gut, wodurch man das System auch gegen Arsenal FC (2:1) beibehielt.

Das System hat den Vorteil, dass man offensiv deutlich mehr Durchschlagskraft hat. Von den sechs Spielern im Kader, die das Offensivspiel ankurbeln können, muss so nur noch ein Spieler auf der Bank sitzen. Zuletzt gab es diesbezüglich vor allem mit Adama Traore (24) Querelen. Der Flügelflitzer kam des Öfteren nur von der Bank, wodurch auch die sicher geglaubte Vertragsverlängerung in Gefahr geriet. Nun können er, Podence und der immer stärker werdende Pedro Neto (20) theoretisch auch alle drei gemeinsam auf dem Feld stehen. Und auch Altmeister Joao Moutinho (34), der seinen Platz in der ersten Elf zu Beginn der Saison an Leander Dendoncker (25) verloren hatte, kommt nun wieder öfter zum Einsatz.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Trotz all der Vorzüge des neuen Systems ist fraglich, ob dieses am Sonntag zur Anwendung kommt. Mittelstürmer und Fixpunkt Raul Jimenez (29) verletzte sich gegen Arsenal schwer am Kopf und wird wohl für den Rest der Saison ausfallen. Ob Nuno Espirito Santo (46) dem jungen Silva die Rolle bereits zutraut, oder ob man wieder auf das 5-3-2 wechselt und zwei aus Neto, Podence und Traore im Angriff auflaufen lässt, wird sich zeigen.

Player to watch: Conor Coady

Coady ist ein echter Scouser. In Liverpool geboren, verbrachte er die komplette Jugend in der Akademie des LFC. Nach einer Leihe in die dritte Liga wurde er mit 21 Jahren als für zu leicht eingeschätzt und an Huddersfield Town abgegeben. Nach einer starken Saison ging es weiter zu den Wolves. Dort wurde er in seinen ersten beiden Jahren noch auf der gelernten Position im defensiven Mittelfeld sowie als Aushilfs-Rechtsverteidiger eingesetzt. Als dann 2017 Nuno Espirito Santo der neue Trainer wurde, machte ihn dieser zum zentralen Mann der neu eingeführten Dreierkette. Das war der entscheidende Zug.

Seither spielt Coady auf einem ganz anderen Niveau. Er interpretiert die Rolle wie ein Libero in den 70ern. Er steht immer hinter den beiden anderen Innenverteidigern, teilweise bis zu fünf Meter. Dadurch kann er die fehlende Schnelligkeit kompensieren. Sein Passspiel ist für den Spielaufbau essenziell, auch lange Diagonal-Bälle hat er im Repertoire. Defensiv glänzt er vor allem durch sein Stellungsspiel und ein gutes Timing beim Tackling. Doch auch sein Kopfballspiel wird immer stärker. Eben dies ermöglicht es, dass die Wolves inzwischen nicht mehr auf das System mit drei Innenverteidigern angewiesen sind.

(Photo by Alex Pantling/Getty Images)

Sein Aufstieg blieb auch Nationaltrainer Gareth Southgate (50) nicht verborgen. Im September dieses Jahres wurde er erstmals für die Nationalmannschaft nominiert. Im November fehlte er verletzt, ansonsten dürfte er inzwischen fest zum Stamm der Nationalspieler gehören. Gegen Wales in seinem zweiten Länderspiel traf er dann sogar zum zwischenzeitlichen 2:0. Das ist insofern überraschend, als ihm in seinen 245 Spielen für die Wolves insgesamt erst zwei Treffer gelungen sind, kein einziger in der Premier League.


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Guter Start mit einem Aussetzer

Sportlich läuft es bei den Wolves nach Plan. Nach zehn Spielen steht man mit 17 Punkten da. Spielerisch konnte man sich im Vergleich zur letzten Saison deutlich steigern, vor allem Neto und Podence zeigen hier einen deutlichen Aufwärtstrend. Wie nahezu jedes Topteam hatten auch die Wanderers bereits ein Spiel in dieser Saison, bei dem gar nichts funktionierte. Gegen West Ham United verlor man mit 4:0. Rechnet man diese vier Tore heraus, stehen die Gastgeber bei erst sieben Gegentoren. Man hat also trotz der offensiven Spielweise immer noch eine der besten Defensiven der Liga.