Gegneranalyse │ Am siebten Spieltag der Premier League trifft der Liverpool FC am Samstag auf West Ham United. Die Gegneranalyse der Redmen Family.
Am Samstag empfängt der Liverpool FC das Team aus dem Nordosten Londons, West Ham United. Die Hammers sind ordentlich in die Saison gestartet. Der Kurswechsel weg von teuren Namen hin zu passenden Spielern scheint sich auszuzahlen.
Diese Investitionen, die sich in den letzten fünf Jahren auf sagenhafte 440 Millionen Euro beliefen, waren aber zumeist nicht allzu durchdacht, oft kaufte man mehr nach Namen als nach Qualität ein. Dazu steckte man viel zu viel Geld in die Offensive und zu wenig in die Defensive. Das änderte sich in dieser Saison deutlich.
Keine verrückten Dinge auf dem Transfermarkt

Der Kader wurde absolut sinnvoll verstärkt. Tomáš Souček (25), der tschechische Mittelfeldspieler, der in der Rückrunde bereits von Slavia Prag geliehen war, wurde fest verpflichtet. Die Gesamtablöse aus Leihgebühr und Ablösesumme beläuft sich auf knapp 21 Millionen €. Souček war sicherlich auch ein Grund, warum man mit Vladimir Coufal (28) einen neuen Rechtsverteidiger vom selben Verein holte. Dieser kam für sechs Millionen Euro und ersetzt den jungen Jeremy Ngakia (20), der seinen Vertrag nicht verlängern wollte und zu Watford FC in die zweite Liga ging.
Kurz vor Ende der Transferphase wurde mit Craig Dawson (30) noch ein erfahrener Innenverteidiger aus Watford geholt. Er ist zunächst geliehen, man besitzt dem Vernehmen nach eine Kaufoption. Außerdem wurde mit Saïd Benrahma (25) einer der spektakulärsten Spieler der letztjährigen Championship vom Brentford FC verpflichtet. Der algerische Flügelspieler ist zunächst geliehen, allerdings besteht eine Kaufpflicht. Insgesamt kostet Benrahma, der im Sommer vor allem mit dem Chelsea FC in Verbindung gebracht worden war, knapp 27,5 Millionen Euro. Nach Jarrod Bowen (23) ist er somit innerhalb von zehn Monaten der zweite Flügelspieler aus der zweiten englischen Liga, der für über 20 Millionen Euro zu West Ham wechselt.
Gehaltseinsparung bei den Ersatzspielern

Abgegeben wurden ausschließlich Ersatzspieler. Wobei auch hier durchaus große Namen dabei sind. Der Vertrag von Jack Wilshere (28) wurde aufgelöst, der Vertrag von Pablo Zabaleta (35) nicht verlängert und Felipe Anderson (27) wurde zum FC Porto nach Portugal verliehen. Dadurch spart man sich eine Menge Gehaltskosten für Spieler, die eigentlich keine Rolle mehr gespielt haben. Grady Diangana (22) wurde nach seiner Leihe für 13,5 Millionen Euro fest an West Bromwich Albion verkauft. Dies löste bei den Fans und auch den Spielern einigen Unmut aus, ist der junge Flügelspieler doch aus der eigenen Jugend und wird gemeinhin als äußerst talentiert angesehen. Die Verkäufe der beiden Ersatzstürmer Albian Ajeti (23) und Jordan Hugill (28) konnten weitere fast neun Millionen Euro in die Kassen spülen. Dadurch wies man im Gegensatz zu den letzten Jahren lediglich ein Transferminus von knapp vier Millionen Euro auf.
Bollwerk mit kreativen Elementen
Seit dieser Saison haben die Hammers ihr System dauerhaft auf das 5-4-1 umgestellt. Hierbei rückt Aaron Cresswell (30), ein gelernter Linksverteidiger, als dritter Innenverteidiger ins Zentrum. Arthur Masuaku (26) kommt als linker Außenverteidiger zusätzlich in die Mannschaft und komplettiert die Fünferkette.

Davor sichern die beiden groß gewachsenen, zweikampfstarken, aber durchaus auch fußballerisch begabten Souček und Declan Rice (21) ab. Auf den Außen spielen zwei inverse Flügelspieler, das heißt, ein Linksfuß spielt auf der rechten Seite und ein Rechtsfuß auf der linken Seite. Beide ziehen immer wieder ins Zentrum, sorgen so für Überzahl und geben den offensivstarken Außenverteidigern Raum, mit nach vorne zu marschieren.
War das System, welches letzte Saison hauptsächlich gegen die Topteams eingesetzt wurde, dort noch hauptsächlich dafür gedacht, defensiv gut zu stehen, hat man in dieser Saison auch in diesem System Wege gefunden, aus einer sicheren Defensive heraus gepflegten Offensivfußball zu spielen.
David Moyes – Vom Retter zur Dauerlösung?
David Moyes kam nach 19 Monaten ohne Trainerjob am 29. Dezember 2019 zu West Ham United zurück. Hier war er bereits in der Saison 2017/18 beschäftigt mit dem Ziel, den Abstieg zu verhindern. Nachdem ihm das gelang, ging man getrennte Wege. Der Schotte hatte sich vor allem beim Everton FC einen Namen gemacht, wo er elf sehr erfolgreiche Jahre verbracht hat. Auch einen Namen gemacht hat er sich bei Manchester United. Allerdings einen eher unrühmlichen. Als Nachfolger von Sir Alex Ferguson enttäuschte er auf ganzer Linie und wurde bereits in seiner ersten Saison wieder entlassen.

Auch die Stationen nach Manchester verliefen alles andere als gut. Das Engagement bei West Ham kam daher eher überraschend. Nach dem geglückten Klassenerhalt gingen nicht wenige Experten davon aus, dass man sich zur neuen Saison auf dem Trainermarkt umsehen würde. Doch man hielt an Moyes fest. Wie es scheint, war das durchaus die richtige Entscheidung.
Michail Antonio – Endlich dort angekommen, wo er hingehört
Die Geschichte von Michail Antonio (30) ist eine sehr bewegte. In einem der ärmsten Stadtteile Londons aufgewachsen, wurde er 2007 im Alter von bereits 17 Jahren von Sebastian Kneißl (37), dem ehemaligen Stürmer und heutigen Experten bei DAZN, in einem seiner Fußballcamps entdeckt. Daraufhin bekam er die Chance, bei Reading FC zum ersten mal in einem Fußballverein zu trainieren. Nach einigen Stationen in der zweiten und dritten Liga wechselte er 2015 zu den Hammers.
Dort wurde er auf fast jeder Position bereits eingesetzt. Die meisten Spiele machte er auf der offensiven rechten Außenbahn, doch auch als Rechtsverteidiger, auf der linken Seite und im zentralen Mittelfeld kam er zum Einsatz. Diese Vielseitigkeit war Fluch und Segen zugleich. Zwar bekam er viel Spielzeit, konnte sich aber nie auf einer Position festspielen, da er überall der „Notnagel“ war.

Das änderte sich letzte Saison nach dem Restart. In allen 15 Ligaspielen seither stand er von Spielbeginn an im Sturmzentrum auf dem Feld. Und dass dies seine beste Position ist, sieht man seither mehr als deutlich. In diesen 15 Spielen traf er starke elfmal und ist einer der Hauptfaktoren, warum es für die Hammers seither deutlich besser läuft als zuvor.
Mit 1,80 Metern ist er nicht der größte Stürmer, ist dafür allerdings sehr bullig und weiß seinen Körper einzusetzen. Dazu ist er überraschend schnell und technisch begabt, was man beispielsweise bei seinem Fallrückziehertor gegen Manchester City am letzten Spieltag gesehen hat. Für die Verteidiger des LFC heißt es also dagegenhalten und nicht zu viel Abstand lassen, da in seinem Spiel auch immer ein Schuss Genialität steckt, der jederzeit hervorkommen kann.
Nach Stotterstart gut in der Saison angekommen
Nachdem man am ersten Spieltag noch mit dem alten 4-2-3-1-System gegen Newcastle United auf ganzer Linie enttäuschte (0:2), stellte Moyes auf das oben beschriebene 5-4-1 um. Seither läuft es gut bei den Hammers. Gegen Arsenal FC verlor man unglücklich 1:2, anschließend konnte man die beiden hoch gehandelten Wolverhampton Wanderers und Leicester FC auf sehr beeindruckende Art und Weise gewinnen (4:0 und 3:0). Auch die beiden Unentschieden gegen Tottenham Hotspur (3:3) und Manchester City (1:1) waren starke Leistungen. Während man gegen Tottenham ein 0:3 aufholte, konnte man gegen City fast über die gesamte Spielzeit auf Augenhöhe agieren.