Am Mittwoch empfängt der Liverpool FC Crystal Palace. Wir nehmen das Team des ehemaligen Liverpool-Trainers Roy Hodgson genauer unter die Lupe.

Das Team aus London hat sich unter dem ehemaligen Liverpooler Trainer Roy Hodgson zu einem sehr unangenehmen Gegner entwickelt, das in dieser Saison unter dem Radar fliegend sogar Chancen auf die Teilnahme am europäischen Geschäft hat:

Heimlich, still und leise mausert sich Crystal Palace zu einem sehr respektablen Premier-League-Verein. Im Sommer wurde der Kader weitestgehend zusammengehalten, nach Jahren voller Aktionismus steuert man ruhigere Fahrwasser an.

Kader: Die Band (fast) zusammengehalten

So musste man im Sommer lediglich einen Stammspieler ziehen lassen. Aaron Wan-Bissaka, aus der eigenen Jugend stammend, wurde schweren Herzens nach Manchester United abgegeben. Den Abgang seines Rechtsverteidigers ließ man sich mit 55 Millionen Euro jedoch fürstlich bezahlen.

Auch bei den Neuzugängen blieb es verhältnismäßig ruhig. James McCarthy kam für das zentrale Mittelfeld, Gary Cahill kam als zusätzliche Option für die Innenverteidigung vom Chelsea FC und Jordan Ayew wurde fest verpflichtet, nachdem der Stürmer bereits letzte Saison von Swansea City ausgeliehen war.

Liverpool’s German-born Cameroonian defender Joel Matip (R) vies with Crystal Palace’s French-born Ghanaian striker Jordan Ayew (L) during the English Premier League football match between Liverpool and Crystal Palace at Anfield in Liverpool, north west England on January 19, 2019. (Photo by Paul ELLIS / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE. No use with unauthorized audio, video, data, fixture lists, club/league logos or ‚live‘ services. Online in-match use limited to 120 images. An additional 40 images may be used in extra time. No video emulation. Social media in-match use limited to 120 images. An additional 40 images may be used in extra time. No use in betting publications, games or single club/league/player publications. / (Photo credit should read PAUL ELLIS/AFP via Getty Images)

Auch im Winter gab es nur wenig Veränderungen im Kader. Die Leihe von Victor Camarasa wurde vorzeitig beendet, der spanische Spielmacher wusste nicht wie erhofft an die starken Leistungen in der Vorsaison bei Cardiff City anzuknüpfen. Mit Cenk Tosun verstärkte man sich leihweise im Angriff. Aufgrund einer schweren Verletzung wurde dieses Leihgeschäft allerdings nach wenigen Wochen wieder beendet.

Trainer: Roy Hodgson – Weltenbummler auf seiner letzten Mission

Die Ruhe, die Palace aktuell ausstrahlt, zeigt sich auch auf der Trainerposition. Seit 2006 überlebte kein Trainer länger als zwei Jahre im Londoner Süden. Bevor Hodgson kam, mussten gleich drei Trainer in nicht einmal neun Monaten gehen. Doch der routinierte Trainer, der in seiner Karriere bereits in neun Ländern gearbeitet hat, hat mit seiner ruhigen Art die Mannschaft und den Verein stabilisiert.

LONDON, ENGLAND – AUGUST 20: Jurgen Klopp, Manager of Liverpool and Roy Hodgson, Manager of Crystal Palace shake hands during the Premier League match between Crystal Palace and Liverpool FC at Selhurst Park on August 20, 2018 in London, United Kingdom. (Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Auffällig ist vor allem, dass knapp 57 % all seiner Niederlagen gegen die großen sechs Mannschaften der Premier League zustande kommen. Gegen den Rest punktet man konstant gut unter ihm. Auch damit lässt sich die Ruhe, die um den Verein herrscht, begründen. Gegen die besten Mannschaften wird nicht viel erwartet und gegen die Mannschaften, gegen die man für eine solide Saison punkten muss, tut man das auch.

System: Massives Mittelfeld und schnelle Stürmer

Palace spielt in einem 4-5-1, das je nach Bedarf auch zum 4-1-4-1 wird. Die Übergänge sind hierbei fließend. Das Zentrum wird mit drei zweikampfstarken Spielern dicht gemacht, wobei Luca Milivojevic den strategischen Sechser hinter zumeist James McArthur und Cheikhou Kouyaté gibt. Milivojevic wurde im letzten Spiel nach knapp einer Stunde ausgewechselt, um ihn zu schonen. Daher ist davon auszugehen, dass er am Mittwoch auf jeden Fall auflaufen wird. Sollte im Mittelfeld ansonsten rotiert werden, dürfte James McCarthy die erste Option auf einen Platz in der Startelf sein.

LONDON, ENGLAND – NOVEMBER 23: Georginio Wijnaldum of Liverpool battles for possession with Joel Ward of Crystal Palace during the Premier League match between Crystal Palace and Liverpool FC at Selhurst Park on November 23, 2019 in London, United Kingdom. (Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Im Ballbesitz stellt sich die Abwehr asymmetrisch auf, das heißt, der Rechtsverteidiger bleibt eher defensiv, während Patrick van Aanholt auf links weit mit nach vorne schiebt. Dadurch kann der eigentliche linke Mittelfeldspieler mit ins Zentrum neben den Stürmer gehen und es entsteht eine Art 3-1-4-2. Da man allerdings nicht sehr oft längere Ballbesitzphasen hat, speziell gegen Topteams, wird diese taktische Option nicht allzu oft zu sehen sein.

Ansonsten versucht man, den Ball schnell zum Stürmer zu bringen. Im bisher einzigen Spiel nach der Pause war dies Christian Benteke. Vor der Pause war es zumeist Jordan Ayew, der trotz seiner schmächtigen Statur sehr gut darin ist, Bälle zu behaupten und abzulegen. Diese Ablagen erfolgen in der Regel auf die beiden Außenspieler, die dann mit Tempo zum Tor ziehen sollen. Hier heißt es besonders für die Außenverteidiger, den Außenspielern nicht zu viel Raum zu geben.

Form: Allmählich kehrt Normalität ein

Nach einem starken Start mit 14 Punkten aus acht Spielen konnte man in der Folge nur noch unregelmäßig punkten. Alles sah nach einer unspektakulären Saison im unteren Tabellenmittelfeld aus, ohne jedoch in akute Abstiegsnot zu geraten.

LONDON, ENGLAND – NOVEMBER 23: Wilfried Zaha of Crystal Palace celebrates after scoring his team’s first goal during the Premier League match between Crystal Palace and Liverpool FC at Selhurst Park on November 23, 2019 in London, United Kingdom. (Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Dies änderte sich allerdings Ende Februar. Seit diesem Zeitpunkt konnte man alle 4 Spiele gewinnen und kassierte dabei kein einziges Gegentor. Diese gute Form konnte man auch nach der Pause halten, im bisher einzigen Spiel ließ man dem AFC Bournemouth keine Chance und siegte vollkommen problemlos 2:0. Dabei sah man auch die größte Stärke des Teams, denn wenngleich Bournemouth mehr Ballbesitz hatte, gelang den Südengländern nur ein Schuss auf das Tor der Eagles. Offensiv war man dazu sehr effizient, beide Torschüsse führten zu Treffern.

Player to watch: Gary Cahill – Der Fels in der Brandung

Als Cahill sich im Sommer den Eagles anschloss, wunderten sich viele Experten, was ein Team in der Premier League denn mit diesem Spieler wolle. Zu alt sei er, zu langsam. Bei Chelsea FC kam er 2018/19 quasi gar nicht mehr zum Einsatz.

Doch Cahill strafte alle Kritiker Lügen. Er ist absoluter Stammspieler und Führungsspieler. Um ihn herum entwickelte Palace die sechstbeste Abwehr der Liga. Er führt die Mannschaft in geblockten Schüssen und Klärungsaktionen sowohl in der Luft als auch am Boden an. Was ebenfalls außergewöhnlich ist, er war noch kein einziges Mal durch einen groben Fehler für ein Gegentor verantwortlich. Dazu ist er der klare Abwehrchef und gibt die Kommandos.

BOURNEMOUTH, ENGLAND – JUNE 20: Junior Stanislas of AFC Bournemouth is tackled by Gary Cahill of Crystal Palace during the Premier League match between AFC Bournemouth and Crystal Palace at Vitality Stadium on June 20, 2020 in Bournemouth, England. Football Stadiums around Europe remain empty due to the Coronavirus Pandemic as Government social distancing laws prohibit fans inside venues resulting in all fixtures being played behind closed doors. (Photo by Ian Walton/Pool via Getty Images)

Natürlich ist er nicht mehr der schnellste, aber das macht er durch viel Routine wett. Dazu kommt ihm ganz klar zugute, dass Palace einen defensiv orientierten Spielstil pflegt und er nur selten in ein Laufduell gezwungen wird, das länger als 10 Meter ist. Genau das muss das Ziel der Reds sein, Cahill in Laufduelle zu verwickeln. Dort hat er Schwächen, die es auszunutzen gilt.

Prognose

Dass die Eagles gut verteidigen können, haben sie in den letzten Spielen gezeigt. Die Geisterspielatmosphäre dürfte ebenfalls ein Vorteil für die Eagles sein, sie stehen bisher auswärts fast so gut da wie zu Hause (daheim 22 Punkte, auswärts 20).