Am Mittwoch geht es für den Liverpool FC nach London. Im Nachholspiel trifft man auf West Ham United. Die Analyse der Redmen Family:
Seit inzwischen fünf Jahren versuchen die Hammers, sich als Team zu positionieren, das in den Kampf um die internationalen Plätze eingreifen kann. Aufgegangen ist dieser Plan noch nicht wirklich, nur ein mal sprang am Ende der Saison ein einstelliger Tabellenplatz heraus. An den Transferausgaben liegt es dabei beileibe nicht.
Kader: Teurer Sommer (noch) ohne Ertrag
Auch diesen Sommer wurden wieder über 80 Millionen in die Hand genommen. Investiert wurde vor allem in zwei Spieler, Sebastian Haller und Pablo Fornals. Beide spielten die letzten Jahre in Deutschland (Haller) bzw. Spanien (Fornals) starke Runden und die Experten waren sich einig, dass West Ham eigentlich zu klein für beide Spieler sei. Ganz angekommen sind allerdings beide noch nicht, auch wenn beide nur bedingt etwas dafür können. Haller fehlen einfach die Zuspiele und für Fornals wurde noch nicht die richtige Position gefunden.
Ebenfalls nicht angekommen ist Roberto. Der Torwart kam auch aus Spanien und sollte dem Stammkeeper Lukasz Fabianski Druck machen. Er erwies sich in seinen Einsätzen allerdings vor allem bei hohen Bällen als derartiger Unsicherheitsfaktor, dass man ihn im Winter direkt wieder per Leihe nach Spanien abgab und stattdessen Darren Randolph, der bereits früher bei den Hammers spielte, aus Middlesbrough zurückholte.
Auf der Abgabenseite ist vor allem Marko Arnautovic zu nennen. Der Österreicher verließ England in Richtung China. Ansonsten gab man vor allem Rotationsspieler oder Backups ab, darunter den jetzigen Ersatztorwart von Liverpool, Adrian.
Trainer: David Moyes – Zum zweiten Mal der Retter
David Moyes ist wieder da. Der Schotte ist nach 19 Monaten ohne Trainerjob am 29. Dezember 2019 zu West Ham United zurückgekehrt. Hier war er bereits in der Saison 2017/18 beschäftigt mit dem Ziel, den Abstieg zu verhindern. Nachdem ihm das gelang, ging man getrennte Wege.
Moyes hat sich vor allem beim Everton FC einen Namen gemacht, wo er elf sehr erfolgreiche Jahre verbracht hat. Auch einen Namen gemacht hat er sich bei Manchester United. Allerdings einen eher unrühmlichen. Als Nachfolger von Sir Alex Ferguson endtäuschte er auf ganzer Linie und wurde bereits in seiner ersten Saison wieder entlassen.
Auch die Stationen nach Manchester verliefen alles andere als gut. Das Engagement bei West Ham kam daher eher überraschend. Ob Moyes immer noch das Zeug dazu hat, einen Verein in der Premier League weiterzuentwickeln, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
System: Viel Druck über außen, Flanken als Trumpf
Hat man unter Manuel Pellegrini stets im 4-1-4-1 gespielt, hat man unter Moyes auf ein 4-2-3-1 umgestellt. Das hat den Vorteil, dass neben Declan Rice, der im Spielaufbau recht limitiert ist, ein eher spielstarker Spieler im defensiven Mittelfeld eingesetzt werden kann. Das ist für gewöhnlich Mark Noble. Auf der rechten Außenverteidigerposition spielt inzwischen aufgrund von Verletzungen wieder Pablo Zabaleta. Durch sein gehobenes Alter und die damit einhergehende fehlende Geschwindigkeit unterstützt er zumeist den Spielaufbau, während der Linksverteidiger relativ weit mit nach vorne geht. Somit gleicht das System offensiv zuweilen einem 3-2-4-1.
Ziel der Angriffe ist in der Regel der hohe Ball auf Haller. Dieser ist europaweit einer der besten Stürmer wenn es darum geht, hohe Bälle zu verwerten. Er kann den Ball sowohl halten, direkt weiterleiten als auch selbst abschließen. Wie stark Haller im Kopfball ist zeigt sich auch darin, dass er mit weitem Abstand die meisten Kopfballduelle in der Liga für sich entscheiden konnte. Hier wird vor allem auf Virgil van Dijk Schwerstarbeit zukommen. Dass Haller dabei kein Kind von Traurigkeit ist sieht man auch, da er der Spieler mit den siebtmeisten Fouls innerhalb der Premier League ist.
Player to watch: Darren Randolph – Von der Zweitligabank ins Tor eines Erstligisten
Die Geschichte ist schon kurios. 2017 kam West Ham dem Wunsch von Randolph nach einem Wechsel nach, da er keine Chance auf Einsatzzeit sah. Jetzt, zweieinhalb Jahre später, ist die Situation genau andersherum. Bei Middlesbrough stand er seit Ende Oktober nur zwei mal im Kader, da man mit Aynsley Pears einem talentierten Nachwuchskeeper Einsatzminuten geben wollte. Als sich dann Lukasz Fabianski verletzte und Roberto nicht ablieferte, wurde der Entschluss gefasst, Randolph wieder zurück nach London zu bringen.
Da sich Fabianski gegen Sheffield United erneut verletzte und wohl bis Anfang Februar ausfallen wird, schlägt nun die Stunde des irischen Nationaltorwarts.
Aufgrund der fehlenden Spielpraxis in den letzten Monaten dürfte er noch etwas unsicher sein. Auch muss man klar feststellen, dass er nur bedingt Premier-League-Ansprüchen genügt. Daher sollte es das Ziel von Liverpool sein, ihn früh unter Druck zu setzen.
Form: Kaum Verbesserung in Sicht
Unter Moyes läuft es bisher noch nicht wirklich besser als unter seinem Vorgänger. In vier Spielen holte man lediglich vier Punkte. Nach einem furiosen Auftakt mit einem 4:0 gegen Bournemouth AFC folgten zwei Niederlagen und ein Remis. Daher konnte man sich noch nicht von den Abstiegsplätzen entfernen und steht mit 23 Punkten auf Platz 17, punktgleich mit dem ersten Abstiegsplatz.
Sollte man das Spiel gegen Liverpool deutlich verlieren, droht ein Abrutschen auf Platz 18 (bei vier Toren Differenz) oder Platz 19 (bei fünf Toren Differenz).
Prognose:
Vor Selbstvertrauen strotzen dürften die Hammers am Mittwoch nicht. Das sollte man versuchen auszunutzen. Dazu kommt, dass mit Jack Wilshere, Andriy Yarmolenko, Ryan Fredericks, Felipe Anderson, Fabianski und Robert Snodgrass insgesamt sechs potentielle Stammspieler wohl ausfallen werden, darunter mit Anderson der vermutlich beste Offensivspieler im Kader.
Auch dass die Hammers im Gegensatz zu Liverpool mit nahezu der kompletten ersten Mannschaft im FA-Cup angetreten sind, dürfte für die Reds sprechen. Die körperliche Frische sollte auf der Seite des Tabellenführers sein.