Zum Ende der englischen Woche geht es für den Liverpool FC an die Südküste nach Bournemouth. Das Team von Eddie Howe hat sich nach einem rasanten Aufstieg aus der Unterklassigkeit inzwischen in der Premier League etabliert.

Bereits im fünften Jahr in Folge sehen die Fans im Vitality Stadium nun Premier-League-Fußball. Für einen Verein, der vor zehn Jahren noch insolvent war und in der vierten Liga spielte, eine durchaus beachtliche Leistung. Dies wurde durch Kontinuität auf den wichtigen Positionen und einer cleveren Kaderpolitik geschafft.

Kader: Den Blick in die Zukunft gerichtet

Diese Kaderpolitik sah man auch im Sommer. Der Kader, der im vergangenen Jahr 14. wurde, konnte zusammengehalten werden. Da man im Gegensatz zu anderen Teams nicht auf Teufel komm raus die großen Mannschaften angreifen möchte, konzentrierte man sich darauf, sich für die Zukunft gut aufzustellen.

Es kamen Arnaut Danjuma, Lloyd Kelly und Jack Stacey Spieler aus kleineren Ligen, die man hinter den etablierten Stammspielern langsam an die Mannschaft heran führen möchte. Der Königstransfer war ohne Zweifel Philip Billing. Der Däne, der im zentralen Mittelfeld zu Hause ist, kam von Absteiger aus Huddersfield und konnte sich bereits schnell als Stammspieler etablieren.

LONDON, ENGLAND – DECEMBER 03: Philip Billing of AFC Bournemouth reacts during the Premier League match between Crystal Palace and AFC Bournemouth at Selhurst Park on December 03, 2019 in London, United Kingdom. (Photo by Jack Thomas/Getty Images)

All diese Spieler sind unter 24 Jahre und daher auch ein Versprechen in die Zukunft.

Harry Wilson, der vom Liverpool FC ausgeliehen werden konnte, ist gegen seinen „Heimatverein“ aufgrund der Regularien der Premier League nicht spielberechtigt.

Trainer: Eddie Howe – Der Macher

In einem Vorort von Bournemouth geboren, spielte Howe bereits in der Jugend und zum Ende seiner aktiven Karriere beim Verein. Knapp 18 Monate nach seinem Karriereende wurde er im Alter von lediglich 31 Jahren Trainer. Während seiner ersten Amtszeit konnte er im ersten Jahr in der vierten Liga die Klasse halten, im zweiten Jahr aufsteigen und spielte im dritten Jahr um den Aufstieg in die zweite Liga mit.

LONDON, ENGLAND – DECEMBER 03: Manager of Bournemouth, Eddie Howe during the Premier League match between Crystal Palace and AFC Bournemouth at Selhurst Park on December 03, 2019 in London, United Kingdom. (Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Im Januar 2011 folgte er dem Ruf des Geldes und wechselte nach Burnley. Hier wurde er allerdings nicht wirklich glücklich und kehrte nach 2 Jahren zurück zu seinem Herzensverein.

Diesen konnte er in der Folge immer weiter nach oben führen, inzwischen spielt man wie bereits beschrieben die fünfte Saison in Folge in der höchsten englischen Spielklasse.

Howe gilt mit seinen immer noch erst 42 Jahren als eines der größten britischen Trainer-Talente. Bereits in den vergangenen Jahren wurde er immer wieder mit größeren Vereinen in Verbindung gebracht, allen voran mit dem Arsenal FC nach dem Abgang von Arsene Wenger. Es dürfte auch nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er bei einem Topteam anheuert. Da sein Vertrag im Sommer ausläuft, kursieren bereits wieder die ersten Gerüchte, er könne Arsenal oder Manchester United übernehmen.

Taktik: Massiv gegen den Ball, schnörkellos mit dem Ball

Taktisch wird so gut wie immer ein 4-4-2 gespielt. Dreimal wurde in dieser Saison auch ein 5-4-1 ausprobiert, da dies allerdings wenig Erfolg brachte (man konnte nur einen Punkt holen), dürfte dies für Samstag keine Option sein.

Defensiv wird versucht, mit den beiden Ketten sehr eng zu stehen, um dem Gegner keinen Raum zu geben. Im zentralen Mittelfeld wechseln sich Jefferson Lerma, Lewis Cook und Billing ab. Da im letzten Spiel Cook auf der Bank saß, kann davon ausgegangen werden, dass er spielen wird. Er ist der am offensivsten denkende der drei, dazu im Gegensatz zu den beiden anderen nicht gerade zweikampfstark. Hier könnte durchaus eine Chance liegen, die Hoheit im Mittelfeld für sich zu gewinnen. Dazu kommt, dass Lerma und Billing oft hüftsteif und unbeweglich wirken und somit häufig zu Fouls greifen müssen. Beide Spieler haben bereits ein Spiel aufgrund einer Gelbsperre verpasst. Dies in Kombination mit der Standardstärke von Liverpool könnte ein wichtiger Baustein zum Sieg sein.

LONDON, ENGLAND – DECEMBER 03: Cheikhou Kouyate of Crystal Palace is challenged by Philip Billing and Jefferson Lerma of AFC Bournemouth during the Premier League match between Crystal Palace and AFC Bournemouth at Selhurst Park on December 03, 2019 in London, United Kingdom. (Photo by Jack Thomas/Getty Images)

Offensiv ist das Spiel sehr linkslastig. Während der rechte Verteidiger Adam Smith häufig recht defensiv bleibt, schiebt Diego Rico auf der linken Seite sehr hoch. Dieses Ungleichgewicht sieht man auch daran, dass Rico und Ryan Fraser von der linken Seite zusammen knapp 100 Flanken geschlagen haben, Smith und Wilson auf der rechten Seite zusammen nicht einmal 20. Daher müssen vor allem Trent Alexander-Arnold, Jordan Henderson und Mo Salah sehr gut zusammenarbeiten, um Rico und Fraser zu stoppen.

Durch die vielen groß gewachsenen Spieler versucht man in Ballbesitzphasen, über die Flügel zu spielen und Flanken herein zu bringen. Dabei werden auch Ecken forciert. Mit ein Grund für die bisher eher schwache Saison ist allerdings, dass diese noch nicht den gewünschten Erfolg bringen. Drei Kopfballtore für ein Team, dass sich darauf fokussiert, sind nicht wirklich viel.

Player to watch: Diego Rico – Ein Linksverteidiger als wichtigster Mann?

Die meisten Key-Pässe, die meisten Flanken, die meisten abgefangenen Pässe. All dies vereint Rico. Der Linksverteidiger, der 2018 aus Spanien kam, scheint in seiner zweiten Saison endgültig angekommen zu sein.

NEWCASTLE UPON TYNE, ENGLAND – NOVEMBER 09: Diego Rico of AFC Bournemouth in action during the Premier League match between Newcastle United and AFC Bournemouth at St. James Park on November 09, 2019 in Newcastle upon Tyne, United Kingdom. (Photo by Mark Runnacles/Getty Images)

Während er defensiv und im Passspiel immer noch Schwächen aufweist, sind seine Ausflüge an die gegnerische Grundlinie mitunter die stärkste Waffe der Mannschaft.

Es wird sich zeigen, ob er sich auch gegen Liverpool gewohnt offensivfreudig zeigt oder ob er defensiver agiert. Sollte er wie gewohnt offensiv spielen, werden sich einige Lücken für Salah und Alexander-Arnold bieten, die diese – hoffentlich – gut zu bespielen wissen. Sollte er sich hingegen eher auf seine defensiven Aufgaben konzentrieren, beraubt dies Bournemouth seiner vielleicht größten offensiven Waffe.

Egal, wofür sich Howe und Rico schlussendlich entscheiden, es kann nur positiv für Liverpool sein. Denn dass Rico Defensive und Offensive auf hohem Niveau in einem Spiel vereinen kann, diesen Nachweis ist er bislang noch schuldig geblieben.

Form: Ungeplant im Abstiegskampf

Die Form ist seit einigen Wochen schlecht. Sehr schlecht sogar. Die letzten vier Ligaspiele wurden verloren. Dabei sind sowohl die vielen kassierten Gegentore (im Schnitt zwei pro Spiel) als auch die Ideenlosigkeit nach vorne alarmierend. So konnte man in Newcastle trotz 67% Ballbesitz kaum Gefahr erzeugen, gegen Crystal Palace unter der Woche war es sogar noch schlimmer. Man spielte knapp 75 Minuten in Überzahl, wirklich in Gefahr war das Tor von Palace allerdings nicht.

LONDON, ENGLAND – DECEMBER 03: Callum Wilson of AFC Bournemouth applauds fans following defeat in the Premier League match between Crystal Palace and AFC Bournemouth at Selhurst Park on December 03, 2019 in London, United Kingdom. (Photo by Jack Thomas/Getty Images)

Somit steht man zwar noch auf dem zwölften Tabellenplatz, wenn sich der Trend so fortsetzt, könnte es allerdings schnell ungemütlich werden, da einen nur noch vier Punkte von der Abstiegszone trennen. Und in den nächsten vier Spielen trifft man mit Chelsea FC, Arsenal FC und eben Liverpool auf durchaus starke Gegner.

Prognose:

Bournemouth wird aller Voraussicht nach sehr destruktiv spielen. Die besten Chancen dürfte man über die eigene rechte Seite sowie durch das Provozieren von Fouls haben.

Wichtig wird auch sein, ob Joshua King rechtzeitig fit wird. Er bringt trotz seiner eher geringen Größe die Qualität mit, lange Bälle festzumachen. Diese Qualität haben die übrigen Stürmer nicht. Sollte King nicht spielen können, dürfte die meiste Gefahr vom schnellen Fraser ausgehen, den es zu kontrollieren gilt.

Ebenfalls wird sich zeigen, wie sehr sich der eine Tag mehr Pause auswirkt und wie stark der Kraftvorteil für Bournemouth ist.