Für Liverpool läuft es derzeit sportlich hervorragend. Die Investitionen in den Kader und der Führungspositionen zahlten sich innerhalb kürzester Zeit aus. Mit dem Gewinn des sechsten Champions League Titels kam auch ein symbolischer Erfolg hinzu, der den Stand der Reds und ihren Wert im Weltfußball untermauert.

Aber was passiert hinter den Kulissen? Ist der sportliche Erfolg nicht auch ein Resultat von bemerkenswert vernünftiger Arbeit im Hintergrund? Wieviel Anteil haben die Besitzer der Fenway Sports Group am Erfolg der Reds in den letzten Jahren?

MADRID, SPAIN – JUNE 01: Jurgen Klopp, Manager of Liverpool celebrates with the Champions League Trophy after winning the UEFA Champions League Final between Tottenham Hotspur and Liverpool at Estadio Wanda Metropolitano on June 01, 2019 in Madrid, Spain. (Photo by Michael Regan/Getty Images)

Das renommierte Forbes Magazin schätzt den Wert des Clubs derzeit auf etwa 1,7 Milliarden Pfund – vor dem Sieg der Champions League. Das ist das Sechsfache des Wertes, den vor neun Jahren die „Fenway Sports Group“ (kurz FSG) für die Eigentümerschaft hinlegte. 2010 legte FSG damals noch unter dem Namen „New England Sports Ventures“ 217 Millionen Pfund zur Schuldenbegleichung hin und fügte 83 Millionen Pfund für die ehemaligen, katastrophalen Besitzer Hicks & Gillet hinzu um die Führung zu übernehmen.

Laut dem Liverpool Echo hat die Fenway Sports Group bis dato kein Geld direkt aus dem Club abgezogen, wie so viele Eigentümer in der Premier League. Stattdessen vermutet man, dass die Eigentümer bei einem Verkauf irgendwann in Zukunft den entsprechenden Gewinn einfahren werden, sollten sie sich jemals dazu entschließen.

Wird der Name „Anfield“ verkauft?

Eine Möglichkeit sowohl den Verein finanziell voranzubringen und Kapital zu beschaffen wäre der Verkauf der Namensrechte für das Stadion „Anfield“ an einen Sponsor. Laut unabhängigen Beratern würde das jährlich fast 17 Millionen Pfund in die Kassen spülen.

LIVERPOOL, ENGLAND – NOVEMBER 05: Fans hold their scarves in the air during the UEFA Champions League group E match between Liverpool FC and KRC Genk at Anfield on November 05, 2019 in Liverpool, United Kingdom. (Photo by Alex Pantling/Getty Images)

Trotz des enormen Marktpotentials ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass dies jemals geschehen wird. Neben den Negativ-Beispielen wie Newcastle (Sports Direct Arena), wo mittlerweile die Fans zu einem Boykott aufrufen, bestätigte Peter Moore (Geschäftsführer) mehrmals bei Fan-Events und in Interviews, dass dies keine Option sei, weil das Stadion und sein Name untrennbar mit dem Klub zusammen hängen. Der finanzielle Erfolg des Klubs auf allen Ebenen sieht auch keine Notwendigkeit für diesen Schritt vor.

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Die Fans dürfen also durchatmen.

Europas Spitze und erweiterte Sponsorenverträge

Liverpool ist an der Schwelle einer neuen Ära. Erstmals in der Geschichte des Vereins werden alleine Fernseheinnahmen in Höhe von 250 Millionen Pfund pro Saison prognostiziert. Auch hier spielt der Gewinn der Champions League eine große Rolle. Hinzu kommt der konstante Erfolg, der sowohl neue Sponsoren-Verträge anzieht, sowie die Fanbase international vergrößert und dadurch weitere Einnahmen durch den Verkauf von Fanartikeln begünstigt.

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Liverpool zeigte sich 2019 vom Transfermarkt größtenteils unbeeindruckt und entschied sich stattdessen dafür in junge Talente zu investieren und einen Backup für den hervorragenden Alisson zu finden. Das Geld für weitere Transfers, falls erforderlich wurde auf die hohe Kante gelegt. Für den aktuellen Tabellenführer und Champions League Sieger die einzig vernünftige Taktik.

Bis zur Saison 2017/18, dem Jahr, in dem die Reds im Finale der Champions League in Kiev standen, betrug der Umsatz des Vereins rund 455 Millionen Pfund. Das waren rund 270 Millionen Pfund mehr als zu Beginn des Jahrzehnts (2010 – Übernahme durch FSG). Eine Folge des konstanten Wachstums auf drei Ebenen: Sponsoren und TV-Einnahmen, sowie Preisgelder.

CARDIFF, UNITED KINGDOM – AUGUST 13: Jamie Carragher (L) and Steven Gerrard of Liverpool hold the trophy following their team’s victory during the FA Community Shield match between Liverpool and Chelsea at the Millennium Stadium on August 13, 2006 in Cardiff, Wales. (Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Eine Verschlankung und Optimierung in der Organisation und Exekutive des Vereins trugen zu einer radikalen Senkung der laufenden Kosten im Vergleich zur pre-2010 Ära bei. Damit wirkt der Umsatz weitaus markanter als in den Jahren zuvor.

Die Verantwortlichen waren sich der Tatsache bewusst, dass sie ihr Ansehen weiter monetarisieren können und sich nicht mehr unter Wert verkaufen sollten. In den letzten fünf Jahren wurden konstant neue Partner gefunden und das Handelsimperium ausgebaut. Alleine bis zum Ende der Saison 2017/18 betrugen alleine die kommerziellen Einnahmen knapp 155 Millionen Pfund – Top 10 in Europa.

Eine Erweiterung des Sponsorings mit dem Trikotsponsor „Standard Chartered“ zu Beginn der Saison, ein neuer Ärmelpartner mit „Western Union“ und eine lukrative Traininsausrüstungs-Partnerschaft mit der „AXA“ zeigen wie bedacht und souverän der Klub vorangeht. Darüber hinaus wurden übrigens noch 20 weitere kleinere Sponsorenverträge geschlossen.

Die Reds schliessen auf mit den anderen Top 6 Klubs der Premier League.

Führ mich zum Schotter!

LIVERPOOL, ENGLAND – DECEMBER 06: General view of the Liverpool store prior to the UEFA Champions League group E match between Liverpool FC and Spartak Moskva at Anfield on December 6, 2017 in Liverpool, United Kingdom. (Photo by Clive Brunskill/Getty Images)

Negative Transfermarktbilanzen sind momentan bei den Reds Geschichte. Alleine der Verkauf von Phillippe Coutinho zu Barcelona ist noch heute bemerkbar. Aus den letzten vier Spielzeiten beläuft sich alleine der Gewinn durch Transferaktivitäten auf etwa 260 Millionen Pfund. Mehr als die Hälfte davon kamen übrigens vom Coutinho-Transfer (125 Millionen Pfund). Dem gegenübergestellt gab Liverpool zwar etwas über 510 Millionen Euro aus. Rechnet man das Budget des Klubs für Transfers allerdings raus und stellt die signifikanten Transfers in einem überhitzten Markt und ihre Leistungen (Alisson, van Dijk, Fabinho, Keita, …) dem gegenüber kann man hier getrost von einer bemerkenswerten Business-Entscheidung sprechen. Im Verhältnis zu den anderen „Top 5 Klubs“ steht Liverpool zwar vor Chelsea und Arsenal, allerdings weit hinter Man City und Man Utd.  (Man City ca. 840 Millionen Pfund Ausgaben, Manchester United ca. 670 Millionen, Arsenal FC ca. 450 Millionen, Chelsea FC ca. 460 Millionen)

LIVERPOOL, ENGLAND – APRIL 14: General view outside the stadium as fans are seen ahead of the Premier League match between Liverpool FC and Chelsea FC at Anfield on April 14, 2019 in Liverpool, United Kingdom. (Photo by Michael Regan/Getty Images)

Nike und FSGs nächste Schritte

Der erfolgreiche Ausbau des Main Stands um 8.500 Plätze inklusive neuer Lounges und Unternehmensbereichen hat sich bis dato für den Klub ausgezahlt. Das Projekt amortisierte sich innerhalb von wenigen Monaten. Bemerkenswert. Dieser Erfolg rief natürlich weitere Pläne einer Erweiterung auf den Plan. Im August äußerte Liverpool konkret den Wunsch und die Aufnahme der Planungen das Stadion auf 60.000 Plätze zu erweitern. Die Besitzer leihten den Reds schon damals beim Bau des „Main Stands“ die finanziellen Mittel.

Der Ausbau und die Erweiterung der Akademie und die Zusammenführung aller Teams des Liverpool FC ist eine weitere Investition in die Zukunft. 2020 ist das riesige neue Areal in Kirkby fertig. Und es könnte sich ebenfalls sehr schnell auszahlen. Schon jetzt werden regelmäßig potentielle Stammspieler und Juwelen „produziert“. Schaffen die jungen Spieler den Sprung nicht, können sie für teilweise zweistellige Millionen-Beträge wechseln. Weitere Beweise für die nachhaltige und souveräne Arbeit des Klub unter der Führung von FSG wachsen zu lassen.

KIRKBY, ENGLAND – OCTOBER 10: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUNDAY OUT) New Liverpool Manager Jurgen Klopp (left) with Academy Director Alex Inglethorpe, U21 coach Michael Beale and First-Team Development Coach Pepijn Lijnders during the Liverpool v Stake City U18 Premier League game at the Liverpool FC Academy on October 10, 2015 in Kirkby, England. (Photo by Nick Taylor/Liverpool FC via Getty Images)

Erst kürzlich verlor der aktuelle Ausrüster New Balance den Prozess gegen Liverpool und verbaute sich damit alle Chancen die bestehende Partnerschaft mit den Reds aufrecht zu erhalten. Bis dato ist es noch nicht offiziell, allerdings schon glasklar, dass NIKE ab der Saison 2020/21 der neue Trikotausrüster von Liverpool wird. Der amerikanische Riese plant sogar mit Größen wie LeBron James, Serena Williams und Drake der Marke des Klubs zu helfen. Einzelheiten über den Deal sind noch nicht bekannt. Es wird vermutet, dass der neue Deal alleine die Trikot-Einnahmen und die Reichweite des Klubs weltweit verdoppeln kann. Vor allem in Zielmärkten wie Asien und den USA, wo New Balance nicht in der Lage war die Ziele zu erfüllen. Der Liverpool FC kann damit signifikant auf den übermächtigen Konkurrenten Manchester United aufschließen.

Andy Hughes, Chief Operating Officer, stellte Anfang 2019 fest: „Wir haben gesehen, dass sich die finanzielle Situation des Clubs in den letzten Jahren stabil und nachhaltig verbessert hat. Dieses Wachstum und die Umsatzsteigerung haben es uns ermöglicht, sowohl in den Kader als auch in die operative Infrastruktur des Fußballs erheblich zu investieren. Die Finanzergebnisse schwanken je nach aktiven Kosten der Spieler und dem Zeitpunkt der Zahlungen“, räumte er ein. „Was jedoch in diesen jüngsten Ergebnissen deutlich wird, ist die weitere Stärkung unserer finanziellen Basis und die Reinvestition von Gewinnen in den Kader und die Infrastruktur.“

LIVERPOOL, ENGLAND – OCTOBER 16: (THE SUN OUT) (SALES OUT) In this handout image supplied by Liverpool Football Club, John W Henry of NESV signs an autograph for a young fan in the Liverpool F.C. shop at Anfield on October 16, 2010 in Liverpool, England. Henry’s New England Sports Ventures (NESV) successfully completed the £300million takeover of Liverpool following a bitter legal battle with former owners Tom Hicks and George Gillett. (Photo by John Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Liverpool, ein Champions-League-Sieger und nur einen Katzensprung vom Gewinn der Premier League entfernt, könnte bald Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Pfund erzielen. Eine magische Marke! Sollte dies erreicht werden, würde Liverpool einem exklusiven Club beitreten, der derzeit nur von Manchester United und Manchester City besetzt ist.

FSG – die Guten unter den Bösen?

LIVERPOOL, ENGLAND – APRIL 26: Liverpool owner John W. Henry and wife, Linda Pizzuti walk on the pitch prior to the Premier League match between Liverpool FC and Huddersfield Town at Anfield on April 26, 2019 in Liverpool, United Kingdom. (Photo by Michael Regan/Getty Images)

Fast das ganze Jahrzehnt über hat FSG auf dem Weg zu diesem Meilenstein alle Höhen und Tiefen überstanden. Vor dem Finale der Champions League im Juni in Madrid unterstrich Tom Werner, Liverpools Vorsitzender und Henrys Partner, das Engagement der FSG. „Ich hoffe, die Leute wissen jetzt, dass wir uns darauf konzentrieren, den Fortschritt dieses Vereins fortzusetzen“, bemerkte er. „Wir haben nicht die Absicht zu verkaufen. Wir haben eine Position erreicht, in der der Verein meines Erachtens nach seit langem in bester Verfassung ist. Wir haben immer gesagt, dass wir Titel gewinnen wollen!“

LIVERPOOL, ENGLAND – MAY 11: Fans walk past a merchandise shop prior to the Barclays Premier League match between Liverpool and Chelsea at Anfield on May 11, 2016 in Liverpool, England. (Photo by Chris Brunskill/Getty Images)

Für aufgeweckte Fans des Liverpool FC klar ist, dass der Klub für die Besitzer eine Investition ist. In welchem Umfang wird allerdings im Rückblick auf die letzte Dekade klar. Die unglaublichen Fortschritte sowohl auf dem Platz, als auch neben dem Platz haben gezeigt, dass FSGs Engagement viel mehr ist als nur Dollars rauszuziehen. Sie sind noch lange nicht fertig. Und wenn sie sich verabschieden steht Anfield weiterhin und sicherlich finden wir dann einige Trophäen mehr im Kabinett.

Eins sollte jedem reflektierten Fan klar werden, es gibt schlechte Investoren, die einen Klub langfristig nachhaltig nicht voranbringen und es gibt Investoren wie FSG, die den Klub auf lange Sicht nach vorne bringen wollen und nach kurzer Lernphase das Potential endlich erkannt haben und größtenteils scheinbar die richtigen Entscheidungen getroffen haben und werden. Auch wenn einige Entscheidungen den Fans nicht gefallen werden.