Besser spät als nie. Dieses Motto gilt nicht nur für so einige Dinge im Leben, sondern auch für Kloppos zuckersüße Spätzünder. Irgendwas muss ja Guardiolas Kreislauf im Schwung halten.

Ist es Absicht? Oder ist es purer Zufall? Keines von beidem, sondern pure Willenskraft der Mentalitätsmonster. Wie viele Male eskalierten wir in letzter Zeit wegen einem Tor tief in der Nachspielzeit? Diese Saison alleine schon drei Mal (Leicester, Arsenal und vor wenigen Tagen Aston Villa). Von 2018/19 und Origi’s Poltergeist in Pickfords Kopf fange ich gar nicht erst an. Oder habe ich das gerade? Ups, meine Schuld.

Rückschläge stecken die Redmen ohne mit der Schulter zu zucken weg. Warum sollten die Spieler auch Panik schieben, wenn sie ganz genau wissen, dass die Chance noch kommen wird? Es ist Klopp und seinem Coachingteam nicht hoch genug anzurechnen, wie sie den Spielern eine never-say-die Attitüde eingehämmert haben. Wie sagte Gary Lineker so schön: „Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball nach und am Ende gewinnt Liverpool.“

Intensität ist unsere Identität

Ein wichtiger Teil des Coachingteams ist der niederländische Assistenztrainer Pepijn Lijnders. Er wird nie müde zu betonen, dass „intensity is our identity“ ist, also „Intensität ist unsere Identität“. Doch was bedeutet diese Floskel überhaupt? Und weshalb ist sie in Liverpool gegenwärtig gar keine Floskel, sondern die prägende Charaktereigenschaft einer Mannschaft, die niemals aufgibt und sich niemals unterkriegen lässt?

MARBELLA, SPAIN – FEBRUARY 12: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUNDAY OUT) Pepijn Lijnders assistant manager of Liverpool during a training session on February 12, 2019 in Marbella, Spain. (Photo by Andrew Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Virgil van Dijk hat dazu eine starke Meinung:

„Wir zeigten nicht unser bestes Spiel [gegen Aston Villa]. Wir hätten das Gegentor besser verteidigen können, dennoch pressten wir ständig. Sie [Aston Villa] waren nur in der zweiten Halbzeit gefährlich.“

„Das wichtigste ist, dass wir konsequent immer das gleiche tun und nicht nachlassen. Wenn wir das durchziehen, ist es für den Gegner schwierig, 90 Minuten so gut wie am Anfang zu verteidigen. Das ist genau, was geschah“ [Villa konnte nicht über das gesamte Spiel verteidigen].

Virgil’s Worte könnten passender nicht sein. Es ist Beweis dafür, dass diese Mannschaft bis zum bitteren Ende unerbittlich für den Sieg kämpft. Dabei wird nicht nur gradlinig oder generisch in der Schlussphase angegriffen, sondern über das ganze Spiel hinaus aggressiv Druck gemacht.

Dabei ist auch der Wille zum Risiko immer da, denn eines ist klar: Mit einer gnadenlosen Man City Mannschaft ist nicht gut Kirschen essen. Also schickt Klopp in der Schlussphase lieber nochmals drei Offensivspieler auf das Feld, als so weiter zu machen wie bisher. Am Ende des Spiels waren mit Mané, Firmino, Origi, Oxlade-Chamberlain sowie Keita fünf Offensivspieler auf dem Feld. Dazu kommen noch die beiden attakierenden Aussenverteidiger. Alles oder nichts. Im aktuellen Kontext ist ein Punkt nichts – es müssen drei sein.

Anfield muss Ruf gegen City alle Ehre machen

Das Liverpool sich in Guardiolas Kopf mietfrei eingenistet hat, ist schon länger offensichtlich. Just vor dem immensen Showdown in Anfield am Sonntag fängt Pep allerdings an, die ersten Psychotricks anzuwenden. So bezichtigte er Mané, dass er ein ‚Diver‘ sei – „Manchmal begeht er eine Schwalbe, manchmal erzielt er unglaubliche Tore in der letzten Minute. Er hat Talent.“

Ferguson war der Meister solcher Nadelstiche, welche zufälligerweise immer vor wichtigen Spielen kamen. Klopp und Konsorten werden sich allerdings nicht davon beeinflussen lassen.

Es gibt nur einen Trainer, der nicht mit starker Konkurrenz umgehen kann. Vielleicht wird es nächste Saison Zeit, wieder in eine Ein-Mannschaft Liga zu flüchten? Oder zumindest einen extra großen Vorrat Ritalin besorgen? Klingt das gut, Pep?

Es ist eklatant, dass City den Druck spürt. Guardiola weiss ganz genau, welche Stunde geschlagen hat: Anfield o’clock. Er, der selbst von sich gab, dass er Anfield fürchte: „Das Schild ‚This is Anfield‘ ist kein Marketing-Solgan. Anfield hat etwas, was kein anderes Stadion der Welt hat. Du fühlst dich klein und die gegnerischen Spieler sind überall.“

Den Worten müssen jetzt nur noch Taten folgen. Diese Saison ist die Atmosphäre in Anfield bei den meisten Spielen gut bis sehr gut. Gegen City am Sonntag braucht es aber mehr – viel mehr. Alle vier Seiten Anfields müssen zum Kop werden und die Redmen ohrenbetäubend zum Sieg singen. Wir wissen alle, was Atmosphäre auslösen kann. City wird Anfield nicht wie im CL Viertelfinale 2018 unterschätzen. Mittlerweile wissen auch sie, was dort geschehen kann. Jede einzelne Kehle wird gebraucht, um die Liverpool-Spieler zu Giganten zu transformieren. Auch in der Nachspielzeit müssen unsere Reds noch spüren, wie sehr wir Fans die Meisterschaft wollen. Ein erneutes Siegestor in der 94. Minute vor dem Kop wäre unbeschreiblich. Anfield bräuchte danach ein neues Dach.

LIVERPOOL, ENGLAND – FEBRUARY 19: Liverpool players line up in front of the Kop prior to the UEFA Champions League Round of 16 First Leg match between Liverpool and FC Bayern Muenchen at Anfield on February 19, 2019 in Liverpool, England. (Photo by Clive Brunskill/Getty Images)

Spion Kop 1906 wird sicherlich wieder Hilfe mit ihren Flaggen benötigen. Jeder, der am Sonntag im Kop ist, kann sich daran aktiv beteiligen. Die nötigen Informationen werden zeitnah auf dem Twitterprofil der Gruppe zu finden sein.

Dann bleibt nur noch etwas: C ‚ M O N   L I V E R P O O L