Am Samstag gastiert der Liverpool FC beim Aufsteiger in Sheffield. Diese haben trotz weniger namhafter Spieler bisher einen guten Saisonstart hingelegt. Eine Analyse des nächsten Gegners:

Kader: Die Heimkehr des verlorenen Sohnes

Nachdem im Sommer 2018 mit David Brooks (Bournemouth) der mit Abstand talentierteste Spieler den Verein verließ, schaffte man fast schon sensationell den Aufstieg in der darauffolgenden Saison.

Der Aufstiegskader konnte zusammengehalten werden, vor allem die erneute Leihe des Torwarts Dean Henderson von Manchester United kann als Erfolg gewertet werden. Nicht umsonst stand er bei der U21-EM im Sommer im Tor der englischen Nationalmannschaft und setzte sich dort gegen Angus Gunn, den Stammtorwart von Southampton, durch.

SHEFFIELD, ENGLAND – AUGUST 18: Dean Henderson of Sheffield United celebrates victory following the Premier League match between Sheffield United and Crystal Palace at Bramall Lane on August 18, 2019 in Sheffield, United Kingdom. (Photo by Jan Kruger/Getty Images)

Hinzuaddiert wurden mit Oliver McBurnie und Lys Mousset zwei Optionen für das Sturmzentrum, mit Callum Robinson und Ben Osborn zwei Spieler für die Außenbahnen und mit Luke Freeman ein Spieler für das zentrale Mittelfeld. All diese Spieler – mit Ausnahme von Mousset – kamen von Zweitligisten und müssen somit ihre Premier-League-Tauglichkeit erst noch unter Beweis stellen. Auch Mousset war beim AFC Bournemouth alles andere als Stammspieler.

Überraschend sind bei all diesen Neuzugängen die verhältnismäßig hohen Ablösesummen. Insgesamt wurden fast 50 Millionen Pfund ausgegeben. Für dieses Geld hätte man in den Augen vieler Experten bessere Spieler aus dem Ausland oder in der Premier League bereits erfahrene Spieler auf ähnlichem Niveau holen können. Es wird sich zeigen, ob die gewählte Strategie, auf gute Championship-Spieler zu setzen, aufgeht.

Der namhafteste Neuzugang dieses Sommers war sicherlich Phil Jagielka, der nach 12 Jahren beim Everton FC ablösefrei zu seinem Jugendverein zurückkehrte und der Mannschaft vor allem durch seine Erfahrung helfen soll.

Trainer: Chris Wilder – Ein Neuling in der Premier League

Der Engländer arbeitet in Sheffield das erste Mal in der Premier League. Vor dieser Station war er lediglich bei unterklassigen Vereinen tätig (Alfreton Town, FC Halifax Town, Oxford United, Northampton Town).

SHEFFIELD, ENGLAND – SEPTEMBER 14: Chris Wilder, Manager of Sheffield United looks on prior to the Premier League match between Sheffield United and Southampton FC at Bramall Lane on September 14, 2019 in Sheffield, United Kingdom. (Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Er gilt als akribischer Arbeiter, der sich seinen Erfolg hart erarbeiten musste. In Sheffield hat er in seinen inzwischen knapp 3 ½ Jahren eine Kultur entstehen lassen, die das Team unabhängig der Aufstellung konkurrenzfähig macht. Er verfolgt eine klare Philosophie und weicht auch nicht davon ab, egal wie der Gegner heißt oder welche Spieler ihm zur Verfügung stehen.

Dies sieht man auch daran, dass er, obwohl in diesem Sommer mehrfach der vereinsinterne Rekord in Sachen Ablösesummen geknackt wurde, seine Neuzugänge nur sehr dosiert einsetzt, da diese das System und die Mentalität erst verinnerlichen müssen. Abgesehen von Henderson stand Robinson mit 358 Minuten bisher am längsten auf dem Platz.

System: Kompaktes Zentrum und Dauerläufer auf Außen

Gespielt wird in einem 3-5-2. Das System ist auf eine hohe Kompaktheit im Zentrum ausgelegt. Auf den Außen hat man mit Enda Stevens und George Baldock zwei Dauerläufer, die 90 Minuten die Linie rauf und runter laufen können. Der Rest konzentriert sich darauf, im Zentrum die Oberhand zu gewinnen. Dies geschieht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Mal wird extrem hoch gepresst, mal lassen sich die Stürmer fallen, um ein Übergewicht im Mittelfeld zu erzeugen. Im Zweikampf wird sehr kompromisslos agiert, von Zeit zu Zeit auch über die Grenze des Erlaubten hinaus. Doch auch das gehört durchaus zum Plan, um dem Gegner den Schneid abzukaufen und die eigene spielerische Unterlegenheit auszugleichen.

Form: Besser in die Saison gestartet als gedacht

Viele dachten, dass der Saisonstart durch die fehlende Erfahrung eher schleppend verlaufen würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Von der Aufstiegseuphorie getragen spielt man bis dato eine extrem starke Saison. Die Bilanz ist ausgeglichen, jeweils zwei Spiele wurden gewonnen, verloren und unentschieden gespielt. Ungewöhnlich ist hierbei, dass man auswärts mit einem Sieg und zwei Unentschieden bessere Ergebnisse eingefahren hat als zu Hause.

SHEFFIELD, ENGLAND – SEPTEMBER 14: John Lundstram of Sheffield United is challenged by Cedric Soares of Southampton during the Premier League match between Sheffield United and Southampton FC at Bramall Lane on September 14, 2019 in Sheffield, United Kingdom. (Photo by Ross Kinnaird/Getty Images)

Das bisherige Highlight der Saison war sicherlich das Auswärtsspiel beim FC Chelsea. Nach einem 0:2-Rückstand zur Pause konnte man mit einer starken 2. Halbzeit noch einen Punkt aus London entführen und 2:2 spielen.

Player to watch: Oliver Norwood – Endlich in der Premier League angekommen

Nachdem er bereits mit Brighton and Hove Albion und dem Fulham FC aufgestiegen ist, allerdings jeweils direkt wieder in die Championship abgegeben wurde, fiel er im vergangenen Sommer der Kaderumstrukturierung nicht zum Opfer. Im Gegenteil, er erwies sich in den ersten Spielen als wichtiger Verbindungsspieler zwischen der Defensive und den beiden Stürmern. Auch wenn es seine Zahlen nicht ausdrücken, ist er der Spieler, der für die kreativen Momente im Spiel sorgen soll. Wenn es gelingt, ihn aus dem Spiel zu nehmen, ist das zentrale Mittelfeld der Blades offensiv recht zahnlos.

SHEFFIELD, ENGLAND – MARCH 30: Oliver Norwood of Sheffield United tackles Bailey Wright of Bristol City during the Sky Bet Championship match between Sheffield United and Bristol City at Bramall Lane on March 30, 2019 in Sheffield, England. (Photo by Ashley Allen/Getty Images)

Prognose: Unangenehme Auswärtsaufgabe

Sheffield versucht über Einsatz, Laufbereitschaft und auch gerne mal einen Tick Härte, den Gegnern ihre Spielweise aufzudrängen. In Kombination mit den frenetischen Fans, die das Stadion zum Hexenkessel werden lassen, ist ein Auswärtsspiel für jeden Gegner unangenehm.

SHEFFIELD, ENGLAND – SEPTEMBER 14: Sheffield United fans show their support during the Premier League match between Sheffield United and Southampton FC at Bramall Lane on September 14, 2019 in Sheffield, United Kingdom. (Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Zu knacken sein sollte Sheffield vor allem über die außen. Liverpool hat in der Vergangenheit (Wolverhampton, Tottenham, Watford) regelmäßig gezeigt, dass ihnen Gegner im 3-5-2 sehr gut liegen. Dies liegt vor allem daran, dass die Außenverteidiger viel Freiraum haben, da sie keinen direkten Gegenspieler haben. Somit könnten Alexander-Arnold und Robertson sehr häufig zu relativ freien Flanken aus dem Halbfeld kommen.

Hinzu kommt, dass die Abwehr von Sheffield nicht die schnellste ist, wodurch Salah, Mane und Firmino immer wieder von Fabinho und den beiden Außenverteidigern geschickt werden können und ihre Schnelligkeit sehr gut ausspielen können. Auch Diagonalbälle von van Dijk und Fabinho auf die beiden Außenverteidiger werden gute Waffen sein, da sich der kompakte Block im Zentrum von Sheffield sehr weit Richtung Ball orientiert und somit auf der ballfernen Seite viel Platz entsteht.