Was in der Bundesliga schon längst Realität ist, wird ab diesem Freitag auch in England angewendet. Der Videoschiedsrichter hält Einzug in die Premier League.
Ein Handspiel auf der Linie? Ein klarer Elfmeter, den der Schiedsrichter nicht gepfiffen hat? Ein Tor mit einer Abseitsposition? Das alles soll in der Premier League ab sofort der Vergangenheit angehören. In der Saison 2019/20 soll alles anders werden.
Wenn Schiedsrichter Michael Oliver am Freitag das Auftaktspiel zwischen Liverpool und Norwich freigibt, sitzen nicht nur zehntausende Leute weltweit vor dem Bildschirm und verfolgen den Auftakt der Reds gespannt. Auch im wenig bekannten Stockley Park in London wenden sich mehrere Personen dem Bildschirm zu. Ihre Aufgabe: den Unparteiischen zu unterstützen.
Zwei Schiedsrichter werden jedes Spiel der höchsten englischen Spielklasse mitverfolgen und notfalls eingreifen. Bei mehr als 12 Kameras sitzt eine dritte Person mit am Tisch. Seit mehr als zwei Jahren bereiten sich die Unparteiischen auf den VAR vor, in der vergangenen Saison kam er unter anderem im Ligapokal und im FA Cup zum Einsatz.
Komplett verschwinden werden die Diskussionen nicht
Was in der Bundesliga längst Alltag ist, hält nun also auch in England Einzug. Dabei gibt es allerdings einige Unterschiede. Erinnerungen an das Champions-League-Achtelfinale zwischen Paris Saint-Germain und Manchester United werden wach, als Damir Skomina einen Elfmeter pfiff, den es ohne Zeitlupen-Bilder wohl nie gegeben hätte.

In der Premier League wird der Schiedsrichter daher eine kritische Situation drei Mal ohne Zeitlupe anschauen, bevor genauer analysiert wird. Das Ziel dahinter: Zweikämpfe und Handspiele sollen nicht dramatischer aussehen, als sie wirklich sind.
Komplett verschwinden werden die Diskussionen allerdings nicht. Denn: der VAR darf nur in bestimmten Fällen eingreifen (Tor/kein Tor, Abseits vor einem Tor, falscher Spieler verwarnt/vom Feld verwiesen oder Elfmeter/kein Elfmeter). Und auch dann nur, wenn der Schiedsrichter auf dem Feld einen „klaren und offensichtlichen Fehlentscheid“ begangen hat. Nur: was ist „klar und offensichtlich“ schon?
Kritische Entscheide gehören dazu
In der Bundesliga wurden in der vergangenen Saison Entscheide korrigiert, die, auch bei den Fans, nicht als „klare Fehler“ angesehen wurden. Andere Entscheide hingegen, die korrigiert hätten werden müssen, wurden stehen gelassen. Beispiel gefällig? Joshua Kimmich hätte am Sonntag beim Duell zwischen Bayern München und dem BVB Rot sehen müssen. Der Schiri beliess es bei Gelb, der VAR griff, völlig unverständich, nicht ein.

Auch in der Premier League wird es solche Entscheide geben. Zwar sind die Video-Schiedsrichter angewiesen, zurückhaltend einzugreifen. Dennoch müssen sie bereit sein, ihren Kollegen auf dem Feld zu helfen, wenn es nötig ist. Die Premier League hat sich im Gespräch mit den Klubs entschieden, nur Entscheide noch einmal zu überprüfen, die in der unmittelbaren Spielphase entstanden sind.
Der Freitag ist also weit mehr als nur der Auftakt in die neue Premier-League-Saison. Denn mit dem ersten Pfiff feiert auch der VAR in England sein Debüt. Wie erfolgreich, wird sich in der kommenden Saison zeigen.