Wenn die Reds auf die blauen Hauptstädter treffen, ist immer viel Würze im Spiel. Zyniker warten nur darauf, dass sich Liverpool im Endkampf um die Meisterschaft wieder die Finger verbrennt. Bühne frei für großes Drama.

Das Geschichtsbuch ist auf dem Kapitel Ende April 2014 aufgeschlagen. Alle Liverpool-Fans hassen dieses Kapitel und haben die Seiten herausgerissen. Da Geschichte aber nicht ungeschehen gemacht werden kann, muss sich das reflektierte Individuum auch mit schmerzhaften Episoden auseinandersetzen.

Der Tabellenführer Liverpool empfing damals Chelsea in Anfield. Steven Gerrard rutschte aus. Demba Ba erzielte vor dem Kop jenes Tor, welches allen Reds heute noch Albträume bereitet und den Traum von der Meisterschaft platzen ließ. Das Trauma ist Tatsache. Noch heute singen nicht nur Chelsea Fans von diesem Moment um die Reds zu provozieren.

LIVERPOOL, ENGLAND – APRIL 27: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUNDAY OUT) Steven Gerrard of Liverpool looks dejected during the Barclays Premier League match between Liverpool and Chelsea at Anfield on April 27, 2014 in Liverpool, England. (Photo by Andrew Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Das war jedoch gestern und jetzt ist heute. Manchmal kann die eigene Geschichte zur Last werden – das weiß kein anderer Verein besser als Liverpool. Die Reds müssen also nur auf sich schauen und alles andere ausblenden, denn die formstarken Blues spielen um die Qualifikation zur Champions League und haben auch viel zu verlieren.

Liverpool konnte Chelsea seit fünf Pflichtspielen nicht mehr besiegen. Der letzte Sieg stammt aus der Saison 2016/17, als Jordan Henderson beim 2:1 Auswärtssieg ein Traumtor beisteuerte.

Sollte Manchester City, die am Sonntag ein paar Stunden vor den Reds spielen (16:05 Anpfiff im Selhurst Park bei Crystal Palace), Punkte liegen lassen, wird die Euphorie bei den Liverpool-Fans keine Grenzen kennen. So oder so wird Anfield wieder einmal ein rotes Flaggenmeer sein und die Fans werden ihre Mannschaft lautstark nach vorne treiben.

Wie kann Eden Hazard gestoppt werden?

Hazard scheint sich immer dann in Topform zu befinden, wenn er gegen die Reds spielt. In jeder Niederlage gegen Chelsea der letzten Jahre erzielte der Belgier entweder ein Tor oder spielte einfach nur bärenstark. Alleine diese Saison überwand er die Liverpooler Defensive zweimal – in der Premier League beim 1:1 an der Stamford Bridge, welches im ersten Liverpooler Punkteverlust der laufenden Saison endetet und im Ligapokal in Anfield.

Chelsea’s Belgian midfielder Eden Hazard celebrates (C) scoring the team’s first goal during the English Premier League football match between Chelsea and Liverpool at Stamford Bridge in London on September 29, 2018. (Photo by Glyn KIRK / AFP)

Das Mittelfeld des Tabellenführes muss verhindern, dass Hazard Tempo aufnehmen kann. Hat er einmal im Angriffsdrittel den Ball am Fuß, ist es sehr schwierig, ihn aufzuhalten.

Verletzungssituation bleibt weiterhin unverändert

Jürgen Klopp steht kurz davor, dass sein komplettes Kader einsatzbereit ist. Obwohl Alex Oxlade-Chamberlain und Joe Gomez noch nicht spielfit sind, steht deren Rückkehr unmittelbar bevor. In den restlichen Spielen werden definitiv alle gebraucht.

Bestraft Salah seinen ehemaligen Verein erneut?

Mohamed Salah fiel nach seinem Tor zum 2:1 gegen Southampton am letzten Wochenende eine riesige Last von der Schulter. Wie er beim Torjubel sein Trikot auszog und vor dem Travelling Kop feierte, war sinnbildlich für seine Durststrecke vor dem Tor.
Sein 50stes Tor bescherte ihm außerdem einen Eintrag in die Rekordbücher des Clubs und der Premier League. Salah benötigte nur 69 Spiele um 50 Premier League Tore zu schießen und überholte damit Fernando Torres (72 Spiele), Luis Suarez (86 Spiele) und Robbie „God“ Fowler (88 Spiele).

SOUTHAMPTON, ENGLAND – APRIL 05: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUDNAY OUT) Mohamed Salah of Liverpool celebrates after scoring the second goal during the Premier League match between Southampton FC and Liverpool FC at St Mary’s Stadium on April 05, 2019 in Southampton, United Kingdom. (Photo by John Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Am Sonntag kann er seinem ehemaligen Verein erneut zeigen, was für einen immensen Fehler sie begangen, als sie ihn an den AS Rom verkauften. Zusätzliche Motivation dürfte Salah daraus ziehen, dass er vergangenen Donnerstag von einigen Chelsea-Fans rassistisch beleidigt wurde. Für ihn gebe es wohl nichts Süßeres, als diesen Leuten zu zeigen, dass es nicht auf Herkunft und Glaubensgrundsätze ankommt, sondern auf die Leistung auf dem Fußballplatz. Damit würde er klar stellen, dass Rassismus nirgendwo in der Gesellschaft einen Platz hat.

Voraussichtliche Aufstellung

Die am schwierigsten zu beantwortende Frage ist, ob Naby Keita nach seinen starken Auftritten wieder von Beginn an spielen wird beziehungsweise darf. Vertraut Klopp Keita genug, um sich gegen ein Topteam nahtlos ins Kollektiv einzufügen? Xherdan Shaqiri kann davon ganze Bücher schreiben.

Kapitän Henderson dürfte gesetzt sein. Georginio Wijnaldum wird nach seiner wohlverdienten Pause gegen den FC Porto sicherlich wieder in die Startformation rücken, um spielerische Kontrolle einzubringen. Fabinho kann das Mittelfeld komplettieren. Die Reds könnten so auflaufen:

Alisson; Alexander-Arnold, Lovren, van Dijk, Robertson; Henderson, Fabinho, Wijnaldum; Salah, Firmino, Mané

Klopps Mannschaft hat am Sonntag die Gelegenheit zu beweisen, dass das vergangene Narrativ nicht erneut zur Realität wird. Geschichte muss sich nicht immer wiederholen.
TV Hinweis

Das Spiel wird in Deutschland, Österreich sowie der Schweiz auf dem Streamingdienst DAZN live übertragen. Spielbeginn ist Sonntags um 17:30 Uhr MEZ.