Das europäische Wintertransferfenster der Saison 2018/2019 ist Geschichte.
Verglichen mit dem Vorjahr, verlief es beim aktuellen Tabellenführer der
Premier League deutlich unaufgeregter. Nichtsdestotrotz wurden einige
Deals für Spieler mit Kontakt zur ersten Mannschaft vereinbart, die wir uns
jetzt näher anschauen wollen.

Gastartikel geschrieben von Marvin Schulz

Nathaniel Clyne (Ausleihe; Liverpool FC -> AFC Bournemouth)

Der wohl meist diskutierte und eventuell folgenschwerste Wechsel der vergangenen Transferperiode. Bereits am 4. Januar wurde die Leihe des Rechtsverteidigers bis zum Ende der laufenden Saison offiziell vermeldet. Eine zu dem Zeitpunkt nicht komplett unerwartete Entscheidung der Reds, hatte der 27- Jährige doch erst vier Ligaspiele in der laufenden Saison absolviert. Doch insbesondere seine starke Leistung gegen Manchester United, als er den etatmäßigen Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold vertrat, ließ die ersten Fans wehmütig auf den Leih-Deal blicken, da Clyne als einziger Senior-Back-Up des Eigengewächses im Kader gelistet war.

LIVERPOOL, ENGLAND – JANUARY 13: Nathaniel Clyne of AFC Bournemouth looks on during the Premier League match between Everton FC and AFC Bournemouth at Goodison Park on January 13, 2019 in Liverpool, United Kingdom. (Photo by Mark Robinson/Getty Images)

Die Defensiv-Situation und gleichzeitig die Kritik an der Leih-Vereinbarung verschärfte sich, als nacheinander Joe Gomez, Joel Matip, Dejan Lovren und erneut Trent Alexander-Arnold verletzt ausfielen. Auch Sommer-Neuzugang Fabinho, der als direkter Ersatz mit Erfahrung auf der Position hätte einspringen können, zog sich Mitte Januar eine leichte Verletzung zu. Dazu kam eine Gelb-Rot-Sperre von Routinier James Milner, der die Rolle als rechter Verteidiger in der Vergangenheit häufiger bekleidet hatte, sodass entweder Kapitän Jordan Henderson als Neuling auf der Defensivposition oder Nachwuchsspieler Rafael Camacho einspringen mussten.

Dies rief auch Jamie Carragher, seines Zeichens Liverpooler Defensivlegende auf den Plan, der Jürgen Klopp bei Sky Sports für die Clyne-Leihe harsch kritisierte. Eine Kritik, die auch von einem Großteil der Fans geäußert wird. Jürgen Klopp verteidigte sich nach dem Spiel gegen Leicester City gegenüber der Vereinswebseite und hinterfragte, ob Clyne offensiv einen größeren Einfluss als Henderson, der die Rolle in dem Spiel bekleidete, gehabt hätte. Fehler von Henderson im Defensivspiel habe er nämlich keine gesehen. Der Vertrag Clynes an der Merseyside läuft Ende der Saison aus.

LIVERPOOL, ENGLAND – DECEMBER 16: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUNDAY OUT) Nathaniel Clyne of Liverpool FC during the Premier League match between Liverpool FC and Manchester United at Anfield on December 16, 2018 in Liverpool, United Kingdom. (Photo by Andrew Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Fazit: Ein abschließendes Fazit der Leihe fällt schwer. Einen über Jahre loyalen Spieler, der selten eingesetzt wird und der sich insbesondere nach langer Verletzungspause nach Spielzeit sehnt, zu verleihen, macht auf den ersten Blick sicher Sinn. Trotz dessen muss sich Jürgen Klopp die Frage gefallen lassen, ob er mit dem Wissen der ganzen Verletzungen genauso gehandelt hätte.

Unter Berücksichtigung dessen erscheint zumindest der Zeitpunkt des Transfers, direkt zu Beginn des Transferfensters, sehr ungünstig. Eine weitere Beobachtung des Defensivlazaretts im Laufe des Januars, welches schon im Dezember mit dem Ausfall Alexander-Arnolds sowie der Verletzungsanfälligkeit von Matip und Lovren ausgelastet war, wäre im Rückblick sinnvoll gewesen. Ob der Leih-Abgang von Clyne nun direkte Auswirkungen auf das Meisterschaftsrennen hat, wie es von einigen Fans prognostiziert wird, muss abgewartet werden.

Dominic Solanke (Verkauf, 21 Mio. Euro; Liverpool FC -> AFC Bournemouth)

CARDIFF, WALES – FEBRUARY 02: Dominic Solanke of AFC Bournemouth in action during the Premier League match between Cardiff City and AFC Bournemouth at Cardiff City Stadium on February 2, 2019 in Cardiff, United Kingdom. (Photo by Warren Little/Getty Images)

Gleicher Tag, gleicher Verein, anderer Spieler: Neben Nathaniel Clyne schnürt auch Dominic Solanke seit dem 4. Januar seine Fußballschuhe für den AFC Bournemouth. Im Gegensatz zum Rechtsverteidiger wurde der 21-Jährige jedoch fest von den Cherries verpflichtet. Nachdem bereits vor Öffnung des Transferfensters mehrere Vereine, darunter auch der VfB Stuttgart und der FC Schalke 04, Interesse am englischen Nationalspieler bekundet hatten, bekamen die Cherries den Zuschlag und blätterten eine Klub Rekordsumme für einen Stürmer-Neuzugang hin. Die Transferablöse, die laut unterschiedlichen Medienberichten mit Boni auf bis zu 28 Millionen Euro anwachsen kann, wurde in der breiten Öffentlichkeit als gutes Geschäft für den Liverpool FC gewertet.

In dieses Urteil spielt neben der hohen Ablöse mit Sicherheit auch die Situation des Stürmers rein. Zum Einen rotierte Jürgen Klopp in dieser Saison im Offensivbereich vergleichsweise wenig und selbst wenn einer der Offensivprotagonisten mal eine Pause verordnet bekam, standen mit Daniel Sturridge und seit dem irren Derby-Entscheidungstor Anfang Dezember auch Divock Origi zwei ähnliche Spielertypen vor Solanke in der Liverpooler Hackordnung. Kein einziger Profi-Einsatz in der laufenden Saison für den Engländer belegen dies.

Fazit: Im Gegensatz zur Thematik Nathaniel Clyne hat der englische Tabellenführer zurzeit keinen verletzungsbedingten Engpass in der Offensive. Insbesondere die vorhandenen, ähnlichen Alternativen und die hohe erhaltene Ablöse lassen den Transfer aus Liverpool-Sicht als nachvollziehbar erscheinen.

Lazar Markovic (Kauf, ablösefrei; Liverpool FC -> Fulham FC)

KIRKBY, ENGLAND – JANUARY 20: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUNDAY OUT) Lazar Markovic of Liverpool during the Premier League Cup game at The Kirkby Academy on January 20, 2019 in Kirkby, England. (Photo by Nick Taylor/Liverpool FC/Liverpool FC via Getty Images)

„Ja, Lazar Markovic ist immer noch ein Liverpoolspieler!“ schrieb unser Autor beim Rückblick auf seine Leihe zum RSC Anderlecht vergangenen Winter. Wahnsinn, dass dieser Satz auch zu Beginn des Transferfensters der Saison 2018/2019 noch Bestand hatte. 2014 von Brendan Rodgers für 25 Millionen Euro an die Anfield Road geholt, konnte der Flügelstürmer in keiner Saison nachhaltig auf sich aufmerksam machen. Was folgte war eine Reihe von Leihen, die den Serben von der Türkei (Fenerbahce) über Portugal (Sporting Lissabon) und erneut England (Hull City) bis nach Belgien (Anderlecht) führte. Erst in der letzten Nacht des Transferfensters wurde offiziell bekanntgegeben, dass das Kapitel Liverpool für Markovic nun final beendet ist. Trotz einer ordentlichen Saisonvorbereitung kam der 24-Jährige zu keinem Einsatz in der laufenden Saison.

Fazit: Nach derart vielen Stationen, die nach Leihende allesamt kein Interesse an einer Weiterverpflichtung des Offensivspielers hatten, muss wohl an der Qualität des Spielers für die Premier League gezweifelt werden. Aus Liverpooler-Sicht kann eigentlich nur gesagt werden, dass das Missverständnis ‘Lazar Markovic‘, was es schlussendlich zweifelsfrei war, endlich beendet ist. Die Auflösung des Vertrages und der damit möglich gewordene, ablösefreie Wechsel in den Westen Londons sind vollkommen nachvollziehbar.

Taiwo Awoniyi (Ausleihe; Liverpool FC -> Royal Excel Mouscron)

LIVERPOOL, ENGLAND – JULY 17: (THE SUN OUT.THE SUN ON SUNDAY OUT) Taiwo Awoniyi signs a contract extension for Liverpool F.C. at Melwood Training Ground on July 17, 2018 in Liverpool, England. (Photo by John Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Nachdem der Liverpool FC die Leihe des 21-Jährigen an den KAA Gent, wo er 16 Ligapartien absolvierte, vorzeitig beendet hat, wurde der Nigerianer am 11. Januar erneut nach Belgien zu Royal Excel Mouscron verliehen. Dort spielte er bereits in der Saison 17/18 und konnte seine bisher erfolgreichste Spielzeit mit 31 Einsätzen und 10 Toren feiern. Sein Vertrag beim Liverpool FC läuft noch bis Juni 2022.

Fazit: Manchmal muss ein Schritt zurück gemacht werden, um anschließend zwei nach vorne gehen zu können. Hoffentlich kann der Stürmer an die Erfolge seine ersten Zeit in Belgien anknüpfen. Eine weitere Ausleihe machte vor dem Hintergrund der fehlenden Einsatzchancen an der Merseyside nur Sinn.

Ovie Ejaria (Ausleihe; Liverpool FC -> Reading FC)

GLASGOW, SCOTLAND – OCTOBER 25: Ovie Ejaria of Rangers controls the ball during the UEFA Europa League Group G match between Rangers and Spartak Moscow at Ibrox Stadium on October 25, 2018 in Glasgow, United Kingdom. (Photo by Ian MacNicol/Getty Images)

Nachdem die Saisonleihe des zentralen Mittelfeldspielers zu den von Steven Gerrard trainierten Glasgow Rangers auf eigenen Wunsch frühzeitig beendet wurde, schloss er sich Anfang Januar erneut auf Leihbasis dem Reading FC in der Championship an. In Schottland kam er auf 28 Einsätze und konnte zwei Tore erzielen. Vor Beginn seiner Zeit in Schottland hatte Ovie Ejaria seinen Vertrag in Liverpool ‘langfristig‘ verlängert.

Fazit: Für den Engländer mit nigerianischen Wurzeln gilt das gleiche wie für Awoniyi. Wenngleich er für die Profis bereits zu acht Einsätzen kam, standen die aktuellen Chancen auf Spielzeit insbesondere wegen des Ausscheidens in beiden nationalen Pokalwettbewerben schlecht. Eine Leihe ist daher folgerichtig.

Ben Woodburn (Leihende; Sheffield United -> Liverpool FC)

CARDIFF, WALES – OCTOBER 02: Ben Woodburn of Wales in action during Wwales training ahead of their World Cup Qualifiers at Vale Hotel on October 2, 2017 in Cardiff, Wales. (Photo by Stu Forster/Getty Images)

Auch auf der Zugangs-Seite hat sich im Winter etwas getan – wenn auch ungeplant: Die Saisonleihe von Ben Woodburn zu Sheffield United wurde vom ausleihenden Verein abgebrochen, sodass der Waliser nach kurzer Verletzungspause wieder mit der Mannschaft in Melwood trainiert. Der 19- Jährige konnte sich keinen Platz in der Startelf des Championship-Teams erkämpfen und kam nur auf sieben Kurzeinsätze. Ein Tor oder eine Vorlage gelangen ihm dabei nicht. Zuletzt schaffte er es nicht mal in den Kader von Sheffield United. Nachdem Jürgen Klopp vergeblich auf eine weitere Leihe mit Einsatzgarantie für den Youngster gehofft hatte, kommt er jetzt wieder für die Liverpooler U23 zum Einsatz. Sein Vertrag läuft noch bis Juni 2022.

Fazit: Gegen Ende des Jahres 2016 kam der junge Offensivspieler vermehrt in der ersten Mannschaft der Reds zum Einsatz und wurde nach seinem ersten Profi-Tor im EFL-Cup gegen Leeds United von vielen schon als der kommende Superstar aus der Academy gesehen. Dass derartige Schlüsse häufig deutlich verfrüht kommen, zeigt sein weiterer Werdegang und die jetzige abgebrochene Leihe. Es bleibt zu hoffen, dass der vielversprechende Waliser in bekannter Umgebung wieder zu seiner Unbekümmertheit zurückfindet und nochmal durchstarten kann.

Weitere Wintertransfers

NEWARK, NEW JERSEY – JULY 25: (THE SUN OUT, THE SUN ON SUNDAY OUT) Pedro Chirivella of Liverpool competes with Bernardo Silva of Manchester City during the International Champions Cup 2018 match between Manchester City and Liverpool at MetLife Stadium on July 25, 2018 in East Rutherford, New Jersey. (Photo by Andrew Powell/Liverpool FC via Getty Images)

Weitere Halbjahres-Leihgeschäfte führten Keeper Kamil Grabara (Vertrag beim Liverpool FC bis Juni 2022) nach Dänemark zu Aarhus GF. Pedro Chirivella (Vertrag beim Liverpool FC bis Juni 2020), der bereits zu fünf Profi-Einsätzen kam, führte es in die zweite spanische Liga nach Extremadura UD. Academyspieler Liam Millar verlängerte seinen Vertrag bei den Reds langfristig und wurde nach Schottland an den Kilmarnock FC für den Rest der Saison verliehen. Matty Virtue, zuletzt Kapitän von Liverpools U23-Mannschaft wurde am Deadline Day vom englischen Drittligisten Blackpool FC fest verpflichtet.

Egal, wie das Fazit in dieser Analyse ausfiel – wir wünschen allen Jungs, mit Ausnahme von eventuellen Spielen gegen den besten Verein der Welt, alles Gute und viel Erfolg bei ihren neuen (oder alten) Stationen! You’ll never walk alone!