Wenn wohl überlegte Pläne schiefgehen sind Fußballtrainer häufig gezwungen Lösungen für unerwartete Probleme zu finden.
Gastartikel übersetzt von Max Stecker
Innenverteidiger als Stürmer, Außenverteidiger im Tor – der quadratische Stift muss in das runde Loch passen. Rote Karten, Verletzungsmiseren und taktische Flickereien haben bei Liverpool über die Jahre für so manche unvorhersehbare Spielerwahl mit wechselhaftem Erfolg gesorgt. Die Vereinswebsite liverpoolfc.com hat die Archive durchstöbert und zehn Ereignisse, bei denen Reds in Notfallrollen schlüpfen mussten, herausgepickt. Diese möchten wir euch nun präsentieren:
1. José Enrique – Torwart
Es hat etwas Besonderes, wenn ein Feldspieler zwischen den Pfosten Platz nimmt: Das bizarre Spektakel einer ungewohnten Figur im Tor und die Erwartung ihrer Konfrontation mit dem ersten Torschuss. José Enrique sah sich dieser Bandbreite der Gefühle gegen seinen ehemaligen Verein Newcastle United ausgesetzt, als Pepe Reina im April 2012 vom Platz gestellt wurde.
Nachdem er bereits dreimal gewechselt hatte, stellte Kenny Dalglish Enrique für die letzten acht Minuten ins Tor und der Linksverteidiger behielt die weiße Weste, obwohl die Reds bereits mit 2:0 im St. James‘ Park zurücklagen.
2. Steve Staunton – Stürmer
Als der Verteidiger Steve Staunton den verletzten Ian Rush zur Halbzeit des League Cup Spiels gegen Wigan Athletic im Oktober 1989 ersetzte, konnte niemand ahnen was geschehen würde.
In dem bis zu diesem Zeitpunkt torlosen Spiel verwertete der Linksverteidiger eine Flanke von David Burrows, erzielte ein Tor per Fernschuss und nutzte eine gute Vorarbeit Ray Houghtons, um der erste Liverpool-Spieler der Geschichte zu werden, der als Einwechselspieler einen Hattrick erzielt.
Erst 21 Jahre später gelang einem LFC Spieler dasselbe Kunststück, als Steven Gerrard von der Bank kam und beim 3:1 Sieg über den SSC Neapel 2010 in der Europa League einen Hattrick erzielte. Stauntons bemerkenswerte drei Tore gegen Wigan blieben derweil seine einzigen Tore in jener Saison.
3. Steven Gerrard – Mittelfeldspieler / Stürmer / Verteidiger
Außer der Position des Torhüters schien Steven Gerrard überall auf dem Feld aufzutauchen, als er das epische Comeback der Reds im Champions League Finale 2005 anführte. Tatsächlich wurde der Liverpooler Talisman auf drei verschiedenen Positionen aufgestellt, als Rafa Benítez Mannschaft sich nach dem 0:3 gegen den AC Mailand zurückkämpfte.
„Er begann im zentralen Mittelfeld“, erinnert sich Teamkamerad Jamie Carragher, „dann begab er sich auf die 10 und erzielte sein Tor. Außerdem holte er einen Elfmeter raus und hielt uns somit im Spiel. Serginho kam dann für Milan und [Steven] tauschte mit Vladimir Smicer und machte den rechten Flügelverteidiger. Wie viele andere Spieler könnten das in einem europäischen Pokalfinale machen? Du spielst gegen keine Mickey-Mouse-Mannschaft, du spielst gegen einige der besten Spieler der Welt! Es war eine der großartigsten Leistungen eines Spielers in einem europäischen Pokalfinale überhaupt.“
4. Álvaro Arbeloa – Linksverteidiger
Der Fakt, dass Rechtsverteidiger Alvaro Arbeloa sein Startelfdebüt für Liverpool auf der Position des Linksverteidigers machte, wirkt auf den ersten Blick nicht allzu beeindruckend. Wenn man allerdings bedenkt, dass es in der Champions League gegen Barcelona im Camp Nou und im direkten Duell mit einem gewissen Lionel Messi dazu kam, wirkt es doch sehr eindrucksvoll.
Benítez hatte die Idee, dass sein spanischer Landsmann seinen stärkeren rechten Fuß nutzen könne, um Messi in Schach zu halten, welcher gerne von der rechten Flanke nach innen zog.Es funktionierte hervorragend. Arbeloa stach hervor und Liverpool ging mit einem 2:1 als Sieger aus dem Hinspiel des Achtelfinals der Champions League Saison 2006/07 hervor.
5. Lucas Leiva – Innenverteidiger
Lucas Leiva gab im Januar 2016, während des Hinspiels des League Cup Halbfinals gegen Stoke City, eine merkwürdige Figur im Herzen der Liverpooler Abwehr ab, nachdem Dejan Lovren verletzt vom Platz musste. Aufgrund einer länger werdenden Liste defensiver Ausfälle war Jürgen Klopp gezwungen den erfahrenen brasilianischen Mittelfeldspieler als Innenverteidiger aufzustellen.
Neben Kolo Touré half Lucas in einem 1:0 Sieg die weiße Weste zu behalten und ging mit einem solchen Feuereifer in das Duell mit Bojan Krkic, dass der Ball platzte. Tatsächlich überragte Lucas, der an diesem Tag auch als Kapitän auflief, so sehr, dass er noch einige Male als Innenverteidiger auflief.
6. Steve Staunton – Torwart
Wieder schafft es Staunton auf die Liste. Im 1999er Merseyside-Derby im September sahen in einem hitzigen Zusammentreffen in Anfield, gleich drei Spieler die rote Karte. Als Evertons Francis Jeffers und der Liverpooler Torwart Sander Westerveld rot bekamen, war es der Verteidiger Staunton, welcher die Handschuhe für die letzten 15 Minuten überstreifte. Er ließ keinen Treffer zu, aber Kevin Campbells Tor in der 4. Minute sicherte den Toffees einen 1:0 Sieg in einem Spiel, in dem Gerrard noch in der Nachspielzeit vom Platz gestellt wurde.
7. Jan Molby – Innenverteidiger
Mittelfeldgenie Jan Molby, weithin betrachtet als einer der feinsten Passspieler, die je das rote Trikot trugen, spielte tatsächlich über weite Zeit der 1985/86er Double-Saison als Libero. Als Teil einer taktischen List des Spielertrainers Dalglish spielte der Däne zu Beginn eines Spiels als dritter Verteidiger, ehe es ihn bei Voranschreiten der Partie nach vorne zog, wo er sich mit Steve McMahon zusammentat.
„Er hat mich nie wegen meiner defensiven Qualitäten als Libero spielen lassen“, erklärte Molby LFChistory.net. „Aber wegen meiner Fähigkeit das Spiel von hinten aufzuziehen, also war es nicht so übel.“ 21 Tore in 58 Spielen während jener Saison waren auch gar nicht so übel.
8. David Burrows – Torwart
Als Liverpool sich auf ein 2:2-Unentschieden im Hinspiel der zweiten Runde des Europapokals der Pokalsieger gegen Spartak Moskau zubewegte, wurde Towart Bruce Grobbelaar für ein Foul an Dmitri Radchenko im Strafraum vom Platz gestellt.
Verteidiger David Burrows nahm die Pflichten des Torhüters auf sich und seine allererste Aufgabe war es, den anstehenden Elfmeter zu parieren. Der Engländer vermutete zwar die richtige Ecke, verpasste aber um Zentimeter eine bemerkenswerte Parade als Valeri Karpins Elfmeter im Netz landete. Igor Lediakov erzielte später noch ein weiteres Tor für den Gegner.
9. James Milner – Linksverteidiger
James Milner erwies sich in der Rolle eines Notfall-Linksverteidigers 2016/17 als so effektiv, dass er am Ende der Saison als zweitbester Außenverteidiger Europas ausgezeichnet wurde.
Der Vizekapitän der Reds startete 2015/16 ein einziges Mal als Linksverteidiger, als Klopps Mannschaft in der Europa League Manchester United rauskegelte, aber im kommenden Jahr riss er die Position an sich und erzielte sieben Tore in 36 Premier League-Spielen, in denen Liverpool sich für die Champions League qualifizierte.
Er machte einen derart guten Eindruck, dass eine CIES Football Observatory Studie ihn zum besten Außenverteidiger der Premier League erklärte. In Europa lag lediglich Alex Sandro von Juventus Turin vor ihm.
10. Steven Caulker – Stürmer
Wegen einer Verletzungsmisere in der Defensive, lieh Liverpool im Januar 2016 den Innenverteidiger Steven Caulker von den Queens Park Rangers aus. Sein Debüt am nächsten Tag machte der einmalige englische Nationalspieler hingegen als Aushilfsstürmer.
Als Klopps Team 3:2 gegen Arsenal zurücklag wurde Caulker, kurz bevor Joe Allen den Ausgleich erzielte, für Adam Lallana eingewechselt. Tatsächlich kam er in drei seiner vier Einsätze für die Reds als Einwechselstürmer auf den Platz. Es war seine Hartnäckigkeit, die zu Lallanas dramatischem Treffer in letzter Sekunde führte, welcher einen mitreißenden 5:4 Sieg gegen Norwich besiegelte und einen Jubel entfachte, der Klopp letztlich seine Brille kostete.
Link zum Originalartikel: https://www.liverpoolfc.com/news/features/304510-redeployed-reds-10-lfc-stars-in-alternative-positions