Die Erinnerungen an letzte Saison und somit auch die Höhenflüge und Narben sind immer noch frisch – werden die Höhenflüge aufgezählt, fällt unweigerlich das Wort Man City und auch diese Saison wird darüber definiert werden, wie der Liverpool FC der neuen Supermacht gegenüberstehen werden. Die Titeljagd ist eröffnet.

Es waren keine schöne zwei Wochen seit dem letzten Sieg in der Liga gegen Southampton. Das Ausscheiden im League Cup, das Unentschieden an der Stamford Bridge und die Niederlage in Neapel, welche zu den schlechtesten Leistungen unter Klopp gehört, haben Spuren hinterlassen beim Liverpool FC. Plötzlich reden viele Fans davon, gegen Man City pragmatisch zu spielen, obwohl das Spiel in Anfield stattfindet. Die Muskelerinnerungen der Redmen sollten aber genau den gegenteiligen Schluss zulassen: Voller Angriff und das Spiel schon in der ersten Halbzeit entscheiden.

Man City hat letztmals 2003 in Anfield gewonnen, als Nicolas Anelka in der 90. Minute den Siegestreffer schoss – weshalb sollte sich Liverpool also anpassen, wenn Man City trotz dem Geldreigen aus Abu Dhabi seit 15 Jahren nicht fähig ist, in Anfield zu gewinnen? Anfield löst bei den City-Spielern und -Fans Schweissausbrüche aus und diese mentale Barriere gilt es aufrechtzuerhalten, zuletzt gab es in Anfield sechs Siege in Folge gegen die Sky Blues.

Die beiden Spiele der letzten Saison (4-3 in der Liga und 3-0 in der Champions League) gehörten zum Furiosesten, was Klopps Heavy Metal-Fussball zu bieten hat, denn beide Male wurde Guardiolas Mannschaft zwischenzeitlich überrannt. Auch Tricks, wie darauf zu hoffen, bei der Platzwahl als Sieger hervorzugehen, um danach Liverpool in der ersten Hälfte auf den Kop zuzuspielen lassen, funktionierten nicht. Aus Sicht von Manchester City ging das Champions League-Spiel sogar fürchterlich in die Hosen, als der Kop in der ersten Halbzeit drei Tore einsaugte.

MANCHESTER, ENGLAND – APRIL 10: The Liverpool players celebrates after their sides first goal during the UEFA Champions League Quarter Final Second Leg match between Manchester City and Liverpool at Etihad Stadium on April 10, 2018 in Manchester, England. (Photo by Laurence Griffiths/Getty Images,)

Manchester City ist nach sieben Spieltagen wegen der besseren Tordifferenz gegenüber Liverpool Tabellenführer, die Reds hatten aber signifikant schwierigere Gegner wie zum Beispiel die Auswärtspartien gegen Tottenham sowie Chelsea, während Man City mit Arsenal nominell nur einem Topteam gegenüberstand. Guardiolas Mannschaft macht auf jeden Fall einen ähnlich starken Eindruck wie letzte Saison, deshalb ist eine Niederlage am Sonntag verboten.

Liverpools Angriffstrio ist im Moment nicht ganz auf dem gleichen Niveau wie letzte Saison, wobei vor allem Salah viel Kritik einstecken muss. Der Ägypter hat zwar immer noch Chancen, bringt sie aber nicht mehr mit der gleichen Selbstverständlichkeit im Tor unter. Die Partie gegen Man City stellt dabei die ideale Gelegenheit dar, wieder in Bestform zu kommen.

Von der Verletzungsfront gibt es positives zu berichten. Naby Keita trainierte nach seinem Spitalaufenthalt in Neapel wieder. Adam Lallana stieg diese Woche auch wieder ins Mannschaftstraining ein. Man City dürfte erfreut sein, dass Kevin De Bruyne und Benjamin Mendy beide wieder zur Verfügung stehen, wobei es eine Überraschung wäre, sollte Guardiola De Bruyne riskieren. Fabian Delph und Ilkay Gündogan sind allerdings noch nicht wieder fit.

Klopp: «Es ist zu früh, um über den Titel zu reden»

FILE PHOTO (EDITORS NOTE: GRADIENT ADDED – COMPOSITE OF TWO IMAGES – Image numbers (L) 531578890 and 899524772) In this composite image a comparison has been made between Jurgen Klopp, Manager of Liverpool (L) and Manchester City manager Josep Guardiola. Liverpool and Manchester City have been drawn together in the Champions League Quarter Finals of the 2017/18 season. ***LEFT IMAGE*** WEST BROMWICH, ENGLAND – MAY 15: Jurgen Klopp, manager of Liverpool looks on during the Barclays Premier League match between West Bromwich Albion and Liverpool at The Hawthorns on May 15, 2016 in West Bromwich, England. (Photo by Ben Hoskins/Getty Images) ***RIGHT IMAGE*** MANCHESTER, ENGLAND – DECEMBER 23: Manchester City manager Josep Guardiola looks on during the Premier League match between Manchester City and AFC Bournemouth at Etihad Stadium on December 23, 2017 in Manchester, England. (Photo by Clive Brunskill/Getty Images)

Jürgen Klopp glaubt, dass es viel zu früh sei, um über einen möglichen Premier League-Titel zu sprechen:

«Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, über den Titel nachzudenken, denn es sind noch viele Spiele zu spielen. Es ist ein schwieriges Heimspiel gegen Man City. Letzte Saison waren sie sehr speziell und ich erwarte sie auch dieses Mal ähnlich».

Auch Pep Guardiola ist voll des Lobes für sein Gegenüber:

«So wie sie spielen, sind sie ein Topteam. Liverpool besiegte letzte Saison viele Gegner, nicht nur uns. Sie sind eine der besten zwei Mannschaften in England und wir versuchen sie zu stoppen».

Angesichts Guardiolas Aussagen in der Dokumentation «All in or nothing», in der die Liverpool-Offensive ihm Kopfzerbrechen bereitete, darf davon ausgegangen werden, dass er das ernst meint.

Gleiche Energie aus dem Mittelfeld auch ohne Oxlade-Chamberlain?

Mo Salahs unglaubliche Saison oder die unaufhaltsame Offensive Liverpools wurden letzte Saison zu genüge analysiert und geadelt – was aber ein bisschen untergeht, ist der Fakt, dass Alex Oxlade-Chamberlain die Schlüsselfigur in den Anfield-Spielen gegen Man City war. Seine Fähigkeit, mit dem Ball sowie Gerrard-ähnlicher Dynamik durch das Mittelfeld durchzubrechen und auf die letzte Verteidigungslinie Cities mit Tempo zuzulaufen, resultierte in zwei Toren der höchsten Qualität.

Das 1-0 im Ligaspiel ist das beste Beispiel dazu: Firmino legt im Stillstand und mit dem Rücken zum Tor den Ball auf Chamberlain ab, der im Vollsprint mit dem Ball auf den Sechzehner zuläuft und einen unhaltbaren Schuss ins linke untere Eck abfeuert. Das 2:0 im CL-Spiel liest sich ähnlich – Milner gewinnt mit einer Grätsche im linken Mittelfeld den Ball zurück, der Chamberlain vor die Füsse fällt und nach einem Energieanfall landet der Ball aus mehr als 20 Metern im Tor. Wozu diese Beschreibungen? Um klarzumachen, dass der Ausfall Oxlade-Chamberlains Liverpools Fähigkeit, mit Tempo auf die Verteidigung Man Cities zuzulaufen, massiv beeinträchtigt.

Das wahrscheinliche Mittelfeld mit Milner, Henderson und Wijnaldum ist zwar sehr lauffreudig und kampfstark, allerdings fehlt dabei die Dynamik nach vorne. Naby Keita könnte die Lösung sein, es ist aber alles andere als sicher, ob er nach seiner verletzungsbedingten frühen Auswechslung in Neapel am Sonntag genügend fit sein wird, ausserdem verlor er im selben Spiel unnötig oft den Ball, was gegen Man City ziemlich sicher tödlich sein wird.

LIVERPOOL, ENGLAND – APRIL 04: Alex Oxlade-Chamberlain of Liverpool celebrates after scoring his sides second goal during the UEFA Champions League Quarter Final Leg One match between Liverpool and Manchester City at Anfield on April 4, 2018 in Liverpool, England. (Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Erwartete Aufstellungen und Taktik

Sei es wegen Verletzungen oder defensiver Stabilität – Klopp hat am Sonntag wenig Spielraum für Überraschungen. Sein präferiertes 4-3-3 dürfte wieder zum Einsatz kommen, wobei das Mittelfeld der einzige Mannschaftsteil ist, bei dem nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, wer spielen wird. Wie oben angetönt, ist das Mittelfeld Milner/Henderson/Wijnaldum die wahrscheinlichste Variante, dabei fehlt aber auch die Dynamik nach vorne. Eine interessante Variation wäre ein 4-2-3-1, welches Klopp häufig mit Dortmund spielte. Shaqiri könnte auf der zehn Spielen mit Mané und Salah auf Aussen und Firmino vorne. Defensive Stabilität könnte in diesem System auch Fabinho bringen mit entweder Milner oder Henderson neben ihm, allerdings sind solche Experimente gegen einen Gegner wie Man City unwahrscheinlich.

Defensiv wird Liverpools 4-3-3 schnell zu einem 4-5-1 mit den eng zusammenstehenden Flügelspielern Mané und Salah, um beim Umschaltspiel mit Tempo hinter die Man City-Aussenverteidiger zu kommen.

Man Cities Startaufstellung ist wegen deren Breite im Kader nicht einfach vorherzusagen. Sollte Mendy genügend fit sein, wird der sehr offensiv starke Aussenverteidiger mit schon vier Assists wahrscheinlich starten. Neben ihm könnte es das Innenverteidigerduo Kompany und Otamendi sein, währenddessen Walker auf rechts gesetzt ist. Im Mittelfeld könnte es zu einer grossen Überraschung kommen, denn De Bruyne ist nach seiner langen Verletzung wieder im Training – seine Abstinenz war ursprünglich länger angekündigt. In der Offensive dürfte es das Trio Sané/Aguero/Sterling werden, wobei Sterling in Anfield immer einen feindlichen Empfang der Liverpool-Fans erhält.

Liverpools Pressing ist darauf ausgerichtet, die gegnerischen Innenverteidiger zuzustellen, um dem Torhüter nur die Passoption zu seinen Aussenverteidigern freizulassen. Wird diese Passoption nicht gewählt, bleibt nur der Pass auf einen zugestellten Spieler im Mittelfeld oder der lange Ball, welcher mit hoher Wahrscheinlichkeit von Van Dijk runtergepflückt wird. Die Aussenverteidiger Robertson und Alexander-Arnold stehen gewöhnlich hoch, was bei Ballverlust Platz auf den Flügeln für gegnerische Konter lässt – so geschehen bei Hazards 1-0 beim Spiel gegen Chelsea, als Alexander-Arnold nicht mehr rechtzeitig zurückeilen konnte. Liverpools hochstehende Aussenverteidigung ist vor allem dann anfällig, sollte Mendy spielen, der auch oft die Offensive sucht.

Erwartete Aufstellung Liverpool:

Alisson; Robertson, Van Dijk, Gomez, Alexander-Arnold; Milner, Henderson, Wijnaldum; Mané, Firmino, Salah

Erwartete Aufstellung Man City:

Ederson; Walker, Otamendi, Kompany, Mendy; Fernandinho, D. Silva, B. Silva; Sterling, Aguero, Sané

TV Hinweis

Televsion broadcast camera operators film as Liverpool’s German manager Jurgen Klopp talks with Liverpool’s English striker Daniel Sturridge (R) follwing the English Premier League football match between Tottenham Hotspur and Liverpool at Wembley Stadium in London, on September 15, 2018. – Liverpool won the match 2-1. (Photo by Ian KINGTON / IKIMAGES / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE. No use with unauthorized audio, video, data, fixture lists, club/league logos or ‚live‘ services. Online in-match use limited to 45 images, no video emulation. No use in betting, games or single club/league/player publications. (Photo credit should read IAN KINGTON/AFP/Getty Images)

In Deutschland, Österreich und der Schweiz überträgt DAZN live. Spielbeginn ist 17:30 Uhr.