Viele Liverpool-Spieler erhalten in der Vorbereitung eine Chance, sich zu präsentieren – oder ihren Abschied zu besiegeln. Eine Analyse von Markus Pietsch.
Die Vorbereitungszeit beim LFC ist, genau wie bei den restlichen Top-Clubs der Premier League, auch die Zeit der neuen Chancen. Dies betrifft vor allem Spieler, welche von einer Leihe im Juli nach Melwood zurückkehren und nun auf eine feste Kaderrolle und ausreichend Spielzeit hoffen.
Auch in diesem Sommer gibt es einige Kandidaten, die auf diese zweite Chance des Trainerteams um Jürgen Klopp bauen und sich in Anfield endgültig in den Fokus spielen wollen. Wir haben die Perspektiven von drei Rückkehrern für die kommende Saison analysiert und wollen euch einen Überblick geben, wer sich warum etablieren könnte und welche Spieler den Liverbird vermutlich nur noch in der Vorbereitung auf Ihrem Trainingsshirt tragen werden.
Divock Origi ( Verein 17/18: VFL Wolfsburg, Pflichtspiele 17/18: 37 , 7 Tore, 3 Vorlagen)

Die vergangene Saison des belgischen Shootingstars der WM 2014 kann man als äußerst durchschnittlich bezeichnen. Dies war sicherlich auch der prekären Situation um den VFL Wolfsburg geschuldet, der bis zum letzten Spieltag im Abstiegskampf steckte und während der Saison drei verschiedene Cheftrainer mit völlig unterschiedlichen Philosophien beschäftigte. Origi, der meist im Sturmzentrum, ab und an aber auch auf dem Flügel aufgeboten wurde, konnte somit nie wirklich einen Rhythmus finden und ließ seine Stärken nur gelegentlich aufblitzen. 7 Tore und 3 Vorlagen täuschen hier noch über einige schwache Leistungen hinweg. Zusammenfassend konnte Origi wie erwartet Spielpraxis sammeln, ein Entwicklungsschritt zu den Vorjahren blieb allerdings aus.
Zurück in Liverpool geht es für den Belgier vor allem darum, endlich sein Potenzial auszunutzen und sich für diese Saison einen festen Platz in der Rotation der Reds zu erarbeiten. Hier könnte Origi vor allem als Backup von Bobby Firmino fungieren. Diese Rolle nahm in der vergangenen Saison meist Dominic Solanke ein, welcher allerdings noch mindestens eine Spielzeit benötigt, um auch bei wichtigen Spielen im Sturm eine Alternative auf Augenhöhe zu sein. Origi weist in solchen Spielen deutlich mehr Erfahrung auf und hat gerade in der Saison 2016/2017 unter Beweis gestellt, dass er auf Premier League Niveau bestehen kann (7 Tore, 4 Vorlagen). Für den Stürmer dürfte die diesjährige Preseason eine entscheidende werden, da eine weitere Leihe auch aufgrund seines Alter (23 Jahre) eher unwahrscheinlich erscheint. Sollte Klopp keinen Platz für Origi finden, wird es an Angeboten mit Sicherheit nicht mangeln. Allerdings wäre es äußerst fahrlässig, einen Spieler mit so ausgeprägten Fähigkeiten für das System der Reds nicht zu berücksichtigen und ihm somit keine neue Chance zu geben.
Lazar Markovic (Verein 17/18: RSC Anderlecht, Pflichtspiele 17/18: 7, 1 Tor, 2 Vorlagen)

Wenn man beim LFC von neuen Chancen spricht, kommt man in den letzten Jahren am Namen Lazar Markovic nicht vorbei. Der Serbe, der sich den Reds bereits im Jahr 2014 anschloss wurde in den folgenden Jahren insgesamt vier mal ausgeliehen. Die Stationen hießen Fenerbahce Istanbul, Sporting Lissabon, Hull City und zuletzt RSC Anderlecht. Bei dieser Europarundreise kam der Flügelspieler auch aufgrund von Verletzungen nie auf mehr als 21 Pflichtspieleinsätze. Markovic, der die alljährliche Rückkehr nach Melwood also bereits gut kennt, konnte keine Sommervorbereitung nachhaltig nutzen und sich einen festen Kaderplatz erarbeiten. Und das obwohl er aufgrund seiner ausgeprägten Schnelligkeit und Wendigkeit durchaus in das System Jürgen Klopps passen würde.
Die Zeichen stehen ganz klar auf Abschied. Markovic wurde für die ersten beiden Vorbereitungsspiele gegen Chester und die Tranmere Rovers nicht berücksichtigt und auch sonst gibt es weder vom Spieler noch dem LFC ein Bekenntnis zueinander. Man darf diesen Transfer, welcher noch durch Brandon Rodgers eingefädelt wurde, durchaus als Fehleinkauf
bezeichnen, gerade wenn man sich die Ablöse in Höhe von 25 Mio. € vor Augen führt. Eine solche Summe wird für den Serben auch aufgrund seiner Verletzungsanfälligkeit nicht mehr zu erzielen sein. An Interessenten für Markovic sollte es trotzdem nicht mangeln. Zu attraktiv sind seine Fähigkeiten für den sowieso schon überhitzen Transfermarkt. Hinzu kommt die Vertragssituation. Der Kontrakt des Serben läuft im Sommer 2019 aus, was bedeutet, dass der LFC nur noch in diesem oder im nächsten Transferfenster eine Ablöse erhalten kann. Konkrete Hinweise zu möglichen Transferzielen gibt es Stand heute allerdings nicht. An der Bekanntheit Markovics innerhalb Europas sollte dies jedoch nicht liegen.
Harry Wilson (Verein 17/18: Hull City, Pflichtspiele 17/18: 14, 7 Tore, 4 Vorlagen)

Ein Spieler, der mit ordentlich Selbstvertrauen nach Liverpool zurückkehrt, ist das Academy-Eigengewächs Harry Wilson. Der 21-jährige Waliser wechselte in der Winterpause per Leihe zu Hull City in die Championship und konnte dort vollends überzeugen. Dies belegen auch die Zahlen des Flügelspielers. Von noch viel größerem Wert dürften für Wilson allerdings die ersten Spielminuten im Profibereich sein, die er beim LFC so dieses Jahr wohl nicht bekommen hätte. Gegenüber LFCTV bestätigte er dies und erläuterte seine Sicht zum Sprung vom Jugendspieler zum Profi.
„Es gibt dir definitiv einen Selbstbewusstseinsschub. Viele Junge Spieler denken, sie seien bereit für den Profibereich. Dann dürfen sie während einer Leihe das erste mal ran und sind schockiert. Wenn du ausgeliehen wirst, musst du dem Trainer zeigen, dass er dir in einem Pflichtspiel für die Startelf vertrauen kann. Dann liegt es an dir, die Dinge zu tun, die er von dir erwartet.“
Durch die erfolgreiche Zeit bei Hull City und auch wegen der guten ersten Trainingseindrücke in der Preseason belohnte der LFC Wilson nun mit einem neuen Fünfjahresvertrag. Diese vorzeitige Verlängerung zeigt die Überzeugung der Verantwortlichen, hoffnungsvolle Talente der Academy langfristig zu binden und mittelfristig in die erste Mannschaft einzubauen. Eine Philosophie die langsam Früchte trägt, wie man am Beispiel Trent Alexander-Arnold unschwer erkennen kann.
Trotz der vielen Vorschusslorbeeren dürfte es für Harry Wilson nicht einfach werden in der kommenden Saison sofort Minuten in der ersten Mannschaft zu erhalten, was die Frage nach einer erneuten Leihe aufwirft. Laut „The Telegraph“ arbeiten mehrere Clubs, unter anderem Celtic Glasgow an einem Leihangebot für den 21-jährigen. Wilson der in einem 4-3-3 System beide Flügelpositionen besetzen kann erinnert in seinen Anlagen und Bewegungsabläufen sehr an Mohamed Salah, ohne einen Vergleich aufkommen zu lassen. Er könnte somit vor allem in Cup-Spielen als Backup dienen. Das dies trotz allem Talent nicht zu viel Spielzeit führen muss, hat man am Beispiel Ben Woodburn in der vergangenen Saison gesehen. Sollte der LFC für eine der beiden Flügelpositionen auf dem Transfermarkt nochmals aktiv werden, ist eine weitere Leihe für Wilson aber die beste Option. Celtic Glasgow könnte hier tatsächlich ein passendes Ziel sein um sich im Profibereich weiter zu etablieren und auch auf internationalem Niveau die ersten Einsatzminuten zu sammeln. Sollte die Vorbereitung für Wilson jedoch weiter so gut laufen, ist es auch durchaus vorstellbar, dass er sich die kommende Saison im Kader der ersten Mannschaft wiederfindet.